Test: Bold Linkin Trail – Spass pur mit einem Blickfang
Bold Cycles hat mit ihrem Erstling «Linkin Trail» für Aufsehen gesorgt. Denn wie viele vollgefederte Bikes mit einem nicht sichtbaren Federbein gibt es schon. Optisch muss sich das Linkin Trail also nicht mehr beweisen. Vielmehr stellt sich die Frage, was das Trailbike überhaupt kann. Denn Schliesslich ist es auch eines der ersten Bikes auf dem Markt, das als Twentyniner sowie auch als 27.5-plus-Bike zu fahren ist. Von den vier Ausführungen haben wir demnach die Variante «Early Bird» mit 29- und 27.5-plus-Laufrädern gewählt.
Dieses Modell verfügt über eine sehr breit taugliche und hochwertige Ausstattung. Geschaltet wird hinten wie auch vorne mit Shimanos mechanischer XTR-Gruppe. Der Antrieb erfolgt jedoch über eine Next-SL-Carbonkurbel von Race Face mit Kettenblättern in den Grössen 26 und 38 Zähnen. Beide Laufradsätze, der 29er sowie auch der Plus-Laufradsatz, stammen von DT Swiss.
Des Bikers Thron besteht aus einer Rock-Shox-Reverb-Sattelstütze und einem schicken WTB-Sattel mit Bold-Logo. Die Sattelstütze kommt nicht als Stealth-Ausführung, da wegen der Rahmenkonstruktion eine interne Leitungsführung nicht möglich gewesen war. Optisch schmerzt dies ein wenig, gäbe es doch andere Produkte auf dem Markt bei denen die aussenliegenden Züge nur bis an das Schaftende der Stütze reichen.
Das Cockpit, bestehend aus 60 Millimeter Vorbau, 740 Millimeter Lenker und Schraubgriffen von Race Face, passt wiederum gut ins Konzept dieses Trailbikes.
Beim Federbein setzt Bold auf ein X313 von DT Swiss. Dieses ist speziell auf das Bike angepasst und bei allen Ausführungen des Linkin Trail zu finden. Es erlaubt dem Hinterrad 130 Millimeter Federweg. Vorne verarbeitet eine Rock-Shox-Pike-RTC3 mit 140 Millimeter Hub die Unebenheiten.
Spassgarant auf 29 Zoll
Ähnlich wie bei anderen Bikes benötigt man vor der ersten Ausfahrt etwas Zeit für die Fahrwerksabstimmung. Beim Bold benötigt man geringfügig mehr Zeit. Es muss zuerst die schützende Platte, die das Federbein verdeckt, vom Unterrohr entfernt werden, um an den Stossfänger zu gelangen. Zwei Minuten fürs ab- und anschrauben liegen jedoch im verkraftbaren Rahmen. Auch die Abstimmung als solches unterscheidet sich kaum anderer Systeme. Lediglich das ermitteln des Negativfederwegs geschieht über ein kleines Sichtfenster im Sattelrohr und macht man zu zweit. An dieses Sichtfenster klemmt man den SAG-Indikator hin, sitzt auf das Bike, während die zweite Person den Negativfederweg abliest. Der gesamte Mehraufwand für die Fahrwerksabstimmung beträgt keine fünf Minuten.
Sind Fahrwerks- und Positionseinstellungen gemacht, kann es losgehen. Das Bold erscheint vom ersten Meter an als sehr angenehm und offenbart auch sogleich seinen sportlichen Charakter. Es fährt sich sehr Vortriebstark, aber trotzdem mit einer guten Portion Komfort. Für ein Trailbike meistert das Linkin Trail lange Bergfahrten mit Leichtigkeit und auch auf Singletrails bergauf sowie durch technische Passagen klettert es stark. Steile Rampen verlangen jedoch etwas mehr Gewichtsverlagerung nach vorne, damit das Vorderrad nicht zu steigen beginnt. Bevor dieses aber wirklich hochkommt, machen die Beine meist vorher schlapp.
Bergab mag es das Linkin Trail flowig und verspielt – das ideale Bike also für aktive Fahrer. Die Spielfreude ist einerseits von der Geometrie gegeben, doch tragen auch die Rahmensteifigkeit wie auch die Charakteristik des Federungssystems zum spritzigen Fahrverhalten bei. Das progressive Verhalten des Hinterbaus verhilft einem, gerade bei schnellen Richtungswechseln, viel Schwung aus den Kurven mitzunehmen. Dieselbe Unterstützung bietet das Fahrwerk beim überwinden von Hindernissen.
Die 130 Millimeter Federweg werden bei optimaler Einstellung des Federbeins vollständig genutzt. Der progressiven Federkennlinie wegen bedarf es jedoch etwas härteren Unebenheiten, um den Durchschlag herbeizuführen. Der Hersteller empfiehlt 30 bis 35 Prozent Negativfederweg. Dies deckt sich auch mit unseren Erfahrungen, wobei man bei 35 Prozent Negativfederweg mit deutlich mehr Komfort gesegnet ist.
Das Bold fühlt sich auch in steilem und verblocktem Gelände wohl und überzeugt dort mit seiner starken Manövrierbarkeit. Wird es rasant, steckt im Linkin Trail genügend Laufruhe. Dadurch vermittelt es genügend Sicherheit. Für ein Highspeed-Gefährt ist dann aber doch etwas zu agil. Diese Agilität soll aber nicht abschrecken. Denn auch wenn das Bold für die aktive Fahrweise prädestiniert ist, sollten auch weniger quirlige Fahrer damit glücklich werden. Es offenbart seinen Spielfreudigen Charakter erst auf Abruf.
Die Variante 27.5-plus
Während das Linkin Trail mit den 29-Zöllern sportlich knackig ist und jede Menge Spass bereitet, muss das Bike nun mit den 27.5-plus-Laufrädern herhalten. Zwar immer noch spielfreudig, geht das kernige Gefühl mit den dickeren Reifen etwas verloren. Abfahrten können ebenfalls sehr schnell abgefahren werden, aber durch den niedrigen Druck der 2.8 Zoll breiten Reifen kommt, ähnlich wie man es vom Fatbike kennt, teilweise ein leichtes mitschwingen auf. Bei normalen Tempi hingegen bringen die voluminöseren Reifen Stabilität und Fahrsicherheit. Bergauf überzeugen die Plusreifen hingegen mit ordentlich viel Grip.
Wer gerne aktiv und auch manchmal hart fährt, sollte keine Kompromisse eingehen und auf die 29-Zöller setzen. Die Plus-Reifen sind aus unserer Sicht gesehen eine zusätzliche Option, oder für all jene Fahrer denen Fahrsicherheit vor einem direkten und knackigen Fahrverhalten kommt. Doch auch wenn die 27.5-plus-Laufräder nichts für den rennsportaffinen Biker sind, ist der Rollwiderstand erstaunlich klein und deren Beschleunigung gut. Mit dieser Erkenntnis bezeichnen wir diese Reifenbreite durchaus als tourentauglich.
Fazit: Wer ein optisch spezielles Bike sucht, dass sich dazu noch sehr gut fährt, ist mit dem Bold «Linkin Trail» super bedient. Ohne nennenswerte Mängel macht dieses Trailbike fast überall eine gute Figur. Sein Einsatzbereich ist mit den 27.5-Zoll-Laufrädern noch etwas grösser als nur mit den 29ern. Mit Letzteren funktioniert dieses Bike aus persönlicher Sicht jedoch am besten.
Spezifikationen
Rahmenmaterial: | Carbon |
Preis: | CHF 6'380.00, (ab CHF 4'950.00) |
Gewicht: | 12.7 kg (Grösse M, mit Pedalen) |
Federweg: | 140mm vo./ 130mm hi. |
Gabel: | Rock Shox Pike RTC3 Solo Air |
Federbein: | DT Swiss X313 Custom Tuned |
Schaltung: | Shimano XTR 2x11 |
Bremsen: | Shimano XTR Trail 180/180 |
Kurbelgarnitur: | Race Face Next SL 38x26T |
Felgen: | 29 Zoll: DT Swiss M 1700 Spline Two, 27.5 Zoll: DT Swiss XM481 27.5 |
Naben: | DT Swiss M 1700 Spline Two |
Reifen: | Onza Ibex 29x2.25 FRC, WTB Trailblazer 27.5 x 2.8 |
Sattel: | WTB Volt Custom Design |
Sattelstütze: | Rock Shox Reverb 125mm |
Griffe: | Race Face Half Nelson |
Vorbau: | Race Face Turbine 60 mm |
Lenker: | Race Face Next Carbon 740 mm |
Hersteller: www.boldcycles.com
Testbericht erschienen in Ausgabe 01/2016 von Ride Magazin.