Reto Branschi: Der Mountainbike-Tourismus wird «dank» Corona boomen
«Dass die Restaurants ab 11. Mai wieder öffnen dürfen und auch kleinere Sporttrainings wieder erlaubt werden, ist ein gutes Zeichen. Ich gehe davon aus, dass Mitte Juni die Restaurants und auch die Bergbahnen unter strengen Auflagen wieder öffnen dürfen. Ein sanfter Sommertourismus dürfte somit möglich werden», sagt Branschi im Gespräch und ergänzt im Hinblick auf die Mountainbiker: «Biker sind allein, zu zweit oder höchstens in kleinen Gruppen in der freien Natur unterwegs. Daher gehe ich davon aus, dass der Mountainbike-Tourismus boomen wird.» Insofern zahlt sich für Davos Klosters aus, dass hier seit 15 Jahren ein starker Fokus auf die Sommersaison und insbesondere auf die Mountainbiker gelegt wird. Durch diese Positionierung hält sich der Schaden durch die Corona-Pandemie in Grenzen.
Das grosse Buhlen um den Heimmarkt
Wesentlich härter trifft die Lage Regionen, die stark auf eine internationale Kundschaft gesetzt haben. Dazu gehören neben der Jungfrauregion, Engelberg, Luzern oder Zermatt auch die Städte. Hier schoss der Tourismus in den letzten Jahren durch die Decke, hier sind nun aber die Einbussen besonders gross. «Die Fernmärkte sind auf ‹Hold› gestellt und die Nahmärkte eingeschränkt auf Süddeutschland. Die Schweizer Gäste stehen ganz klar im Fokus», erklärt Branschi die Lage, die sich nicht nur für Davos Klosters so darstellt. Das werde aber kein Spaziergang, ergänzt er. Denn sämtliche Schweizer Destinationen und auch das Tirol und Südtirol werden um die Schweizer Gäste buhlen.
«Wir gehen davon aus, dass die Menschen ein grosses Bedürfnis haben werden, sich wieder frei in der Natur zu bewegen», meint Branschi. Das sei an sich aber kein neues Phänomen, allenfalls werde die Entwicklung durch die Pandemie verstärkt oder beschleunigt. «Ich glaube nicht, dass sich der alpine Tourismus aufgrund der Pandemie grundlegend verändern wird. Vielmehr wird ‹Sport und Bewegung in einer gesunden Bergwelt›, die Markenbotschaft von Davos Klosters, noch gestärkt.»
Schwierig wird es für die Events
Gefahren sieht Branschi aber für Veranstaltungen, speziell Grossveranstaltungen, die alle Destinationen als Wirtschaftsmotoren und Kommunikationsplattformen bräuchten. «Bis Ende August wird es keine Grossveranstaltungen über 1000 Personen geben. Ab Juli könnten Veranstaltungen bis 150 Personen möglich werden, ab August bis 500 Personen», prognostiziert er.
Im Allgemeinen geht Branschi davon aus, dass noch im Juni weitere Erleichterungen für die Restaurants und ein Betrieb von Bergbahnen unter strengen Auflagen möglich werden. Ein sanfter Sommertourismus werde so möglich. «Das Bild auf den Strassen, in den Cafés, auf den Trails und in den Hotels wird aber ein anderes sein. Abstandsgebote und Hygiene-Massnahmen werden uns noch eine ganze Weile begleiten.»
Mit einem dunkelblauen Auge davongekommen
Rückblickend hat man in der Destination Davos Klosters sehr schnell die Perspektiven auf eine Recovery-Strategie gelegt. «Die Vollbremsung innerhalb eines Tages war sehr anspruchsvoll und für alle Beteiligten sehr deprimierend. Trotzdem mussten wir sofort vorwärtsschauen», erklärt Branschi. Damals am 16. März wurde von einem Tag auf den anderen die Wintersaison abgebrochen, vier Wochen vor dem geplanten Abschluss. Es habe sich unwirklich angefühlt, erinnert sich Branschi. Von einem Tag auf den anderen habe es absolut kein Angebot mehr gegeben. «Dank einer sensationellen Wintersaison mit Februarzahlen, wie sie zuletzt in den 80er-Jahren erzielt wurden, wird Davos Klosters aber wohl mit einem dunkelblauen Auge davonkommen.»
Branschi betont, dass eine Öffnung eine gewisse Vorlaufzeit benötige. «Leistungserbringer müssen ihr Personal einstellen und auch die Gäste müssen sich auf die Wiedereröffnung einstellen können», erklärt er und ergänzt: «Dass der Bundesrat so lange keine konkreten Angaben über die Wiedereröffnung von Gastronomie, Sport und Freizeit gemacht hat, ist das unserer Sicht schwer verständlich.» Davos Klosters sei bereit, den Mountainbikern im Sommer 2020 den Trail zu ebnen. Jetzt brauche es für alle Teile des Tourismus klare Ansagen der Bundesbehörden.