Test: Instinctiv M9 – der Ruhepol aus den Niederlanden
Wie man in den Niederlanden ein Bike kreieren kann – das gar EWS-Rennen meistern soll – ist eine berechtigte Frage. Die Macher von Instinctiv haben ihre M-Serie auf den ruppigsten Trails in Kroatien auf Herz und Nieren getestet und mit Unterstützung des Schweizers Swen Toni Kälin zu einem potenten Trailbike entwickelt. Sein persönliches Bike durfte dann für diesen Test herhalten.
Das Bike gibt es in drei Versionen und als Rahmenkit: Das M9 kommt mit 29-Zoll-Rädern daher, das M7 mit 27.5ern und das M97 im Mullet-Aufbau. Instinctiv ist einer der wenigen Hersteller, die auf eine klassische Kettenschaltung verzichten und auf das Planetengetriebe von Pinion setzen. Das eigens entwickelte Hinterbausystem «Puma» ist ein 4-Gelenker mit Horst-Link und mit sehr kurzen Hebeln bei der Wippe konstruiert.
Die Holländer produzieren ihre Rahmen in Kleinserie und das hat ihren Preis. Der Rahmenkit inklusive Pinion-Getriebe, Federbein und Kettenspanner ist ab 6330 Franken erhältlich. Kein Schnäppchen, dafür ist die Schaltung im Preis inbegriffen und man erhält ein wahrlich exotisches Bike. Für weitere 450 Franken wird der Rahmen in Wunschfarbe lackiert.
«Das M9 fällt auf wegen des Pinion-Getriebes, dies ist sein Vorteil und das Hauptargument, ein Instinctiv zu kaufen. Kein Schaltwerk, das ständig eingestellt werden muss oder sogar abgerissen werden kann, kein Kettenklappern mehr und ein leichtes Hinterrad, weil keine Kassette zum Einsatz kommt. Diese wartungsarme Schaltung ist das Herzstück des in Holland designten Rahmens, der durch die sehr feinfühlige Puma-Kinematik gefedert wird. Sie macht das Bike zum ultimativen Fahrerlebnis.»
Aussage von: Swen Toni Kälin, Brasch GmbH (Instinctiv-Testpilot und Vertrieb Schweiz)
Besonderheiten
- Puma-Suspension mit sehr kurzen Hebeln
- Pinion-Getriebe
- Block-Lock-Steuersatz
- Hochqualitative «Enduro Bearings»-Innenlager
- Eigenständiges Rahmendesign
- Rahmen mit 7 Prozent recyceltem Karbon aus der Autoindustrie
- Wunschfarbe gegen Aufpreis
In der Ebene
Swen Tonis Bike ist auf den kompromisslosen EWS-Renneinsatz getrimmt und mit robusten Laufrädern aufgebaut. Ganze 17 Kilo gibt die Waage an, entsprechend zäh geht das Bike im Flachen voran. Ist die Maschine mal in Schwung, kann man das Tempo gut halten und dank des wendigen Fahrverhaltens rauscht man damit geschmeidig um Kurven. Die Pinion-Schaltung ist anfangs gewöhnungsbedürftig und läuft etwas streng, sie macht komische Geräusche, funktioniert aber tadellos. Es braucht ein bisschen Kraft, um den Drehgriff zu betätigen, und die Indexierung dürfte enger sein. Nach ein paar Kilometern und ein paar Dutzend Schaltvorgängen gewöhnt man sich daran. Als Option und gegen Aufpreis gibt es einen Trigger Shifter, der von Instinctiv selbst entwickelt wurde.
Berg hoch
Das hohe Gewicht des M9 bergauf zu drücken, macht nicht sonderlich Laune, weil es unnötig Kraft braucht. Eine «Zwei-Kilo-Diät» würde den Fahrspass massiv erhöhen. Das Puma-System an sich schlägt sich bestens. Verblockte Trails meistert man locker, denn das Heck hat endlos Traktion und geht auch im Schneckentempo in stoischer Ruhe über Hindernisse rüber.
Berg runter
In der Abfahrt ist es, als hätte man den Schalter umgelegt: Vom hohen Gewicht ist kaum mehr was zu spüren und man geniesst innert Sekunden den Fahrspass. Da ist kein Angewöhnen nötigt, es geht gleich mit offenen Bremsen in die Vollen. Das M9 ist regelrecht hörig und macht, was man will. Verspielt, schluckfreudig und mit viel Feedback vom Untergrund schiesst man mit hohem Tempo bergab. Der tiefe Schwerpunkt gefällt und gibt einem sehr viel Sicherheit. Selbst wenn man nicht den ganzen Federweg nutzt, hat man nie das Gefühl, zu wenig zur Verfügung zu haben. Das Puma-System weiss zu überzeugen, kleinste Unebenheiten werden genauso gut absorbiert wie heftige Schläge, es geht kaum was an den Fahrer weiter. Wer gerne springt, muss das Fahrwerk etwas straffer abstimmen, die Landungen geschehen dennoch soft. Das Heck bleibt selbst bei hartem Bremsen aktiv und bestens kontrollierbar.
Fazit
Obschon das Instinctiv M9 nur 140 Millimeter Federweg am Heck hat, fährt es sich äusserst ruhig und liegt satt wie ein Downhiller auf dem Trail. Dank dem Pinion-Getriebe und der guten Kettenführung macht es keine Geräusche und bietet ungewohnte Ruhe in der Abfahrt. Trotz langen Kettenstreben und grossem Radstand ist es unglaublich wendig und macht enorm Spass. Mit einem leichteren Aufbau als dem von Swen Tonis Bike wären die Uphills kräfteschonender und das Instinctiv ein Top-Allrounder.
Empfehlung
Über das Thema Bike-Gewicht kann man lange streiten und die Meinungen gehen stark auseinander. Dass man ein Getriebe-Bike nie so leicht kriegt wie ein reguläres, versteht sich von selbst. Schafft man es aber, dieses Bike mit einem Gesamtgewicht gegen 15 Kilo aufzubauen, ist alles andere egal, denn das M9 sucht in Sachen Fahrperformance seinesgleichen. Es ist mit 17 Kilo aber definitiv zu schwer für lange Touren mit harten Anstiegen.
Spezifikationen
Rahmenmaterial: | Karbon |
Preis: | CHF 8700.00 (ab CHF 8500.00) |
Gewicht: | 17.0 kg (Rahmengrösse M, mit Pedalen) |
Federweg: | 150 mm vorne / 140 mm hinten |
Federgabel: | Fox Float 36 Factory Grip2 |
Federbein: | Fox Float DPX2 Factory EVOL |
Schaltung: | Pinion C1.12 |
Bremsen: | Shimano Deore XT 4-Kolben, 203/200 mm |
Kurbelgarnitur: | Pinion, 170 mm |
Laufräder: | DT Swiss EX1501 |
Reifen: | V: Schwalbe Magic Mary, Evo, Super Gravity, Addix Ultra Soft, 29 x 2.35 H: Schwalbe Magic Mary, Evo, Super Gravity, Addix Soft, 29 x 2.35 |
Sattel: | Ergon |
Sattelstütze: | Fox Transfer, 150 mm |
Vorbau: | Race Face Turbine R, 40 mm |
Lenker: | Deity, 780 mm |
Geometrie
Alle Daten hier: Link
Hersteller/Vertrieb