Nach Team-Debakel wollen Litscher und Co. als Einzelkämpfer an die Spitze
Es klang vielversprechend: Ein neues Schweizer Mountainbike-Team sollte im Weltcup 2025 mit fünf Fahrern an den Start gehen. Zum Aufgebot zählten die Schweizer Ramona Forchini, Thomas Litscher, Fabio Püntener, Maxime L’Homme und der Südafrikaner Luke Moir, die allesamt im Herbst ihre Verträge unterzeichneten. Hinter dem Team stand der ehemalige Radprofi Pirmin Lang, der für die sportliche Leitung der Equipe verantwortlich zeichnete. Auf der geschäftlichen Seite war Saki Tzikas zuständig, um Sponsoren an Bord zu holen. Mit der Supermarktkette Spar schien auch ein namhafter Hauptsponsor dabei zu sein. Langs Einstand im Mountainbike-Sport sah vielversprechend aus – allerdings nicht einmal auf dem Papier.
Tzikas verschwieg lange, dass Spar zu keinem Zeitpunkt eine Zusage zu diesem Engagement gab und sogar wiederholt Absagen erteilte. Um niemanden im Stich zu lassen, suchte er verzweifelt weiter nach Sponsoren und Gönnern, jedoch ohne Erfolg. Erst Ende Januar 2025 musste Team-Chef Lang die Fahrer darüber informieren, dass die Equipe aufgrund fehlender Finanzierung aufgelöst werden müsse. Das benötigte Budget wurde bei Weitem verfehlt. Tzikas übernahm die Verantwortung und erklärte, er habe fälschlicherweise geglaubt, das Sponsoring komme zustande. Diese Naivität enttäuschte nicht nur die fünf Fahrer – sie kostete sie auch die Möglichkeit, frühzeitig bei anderen Teams unterzukommen, wodurch das Ende ihrer Karrieren drohte.
Weitermachen trotz Enttäuschung und Schaden
Für die Athleten war das ein Schlag ins Gesicht. Vor allem für die Schweizer Fahrer, welche dieses Jahr reelle Chancen auf einen Startplatz an den Heimweltmeisterschaften im Wallis haben, ist die Ausgangslage nun deutlich erschwert. Zu diesem Zeitpunkt ein Team zu finden, ist fast ausgeschlossen. Einzig Fabio Püntener durfte wieder zurück in die Obhut des Bike Team Solothurn, bei dem er vormals unter Vertrag war.
Pünteners temporäre Teamkollegen versuchen nun mit eigenen Mitteln, sich den Rennbetrieb zu ermöglichen. Thomas Litscher und Luke Moir starteten Crowdfunding-Kampagnen, um die Kosten für die Rennsaison zu decken. «Die Nachricht, dass das Team per sofort wieder aufgelöst wird, kam extrem spät. Das macht es praktisch unmöglich, ein anderes Team zu finden, und so stehe ich nun ohne da. Trotz dieses Rückschlags bin ich nach wie vor entschlossen, Rennen zu fahren. Allerdings muss ich jetzt den Weg des Privatiers einschlagen, was mit erheblichen Kosten verbunden ist. Jede Unterstützung würde mir bei der Bewältigung dieser Herausforderung die Welt bedeuten», sagt Moir, der beim U23-Weltcup in Kanada Zweiter wurde und von Südafrika als Reservefahrer für die Olympischen Spiele in Paris gemeldet wurde.
Und auch Litscher hält am Rennsport fest: «Nach über 15 Jahren im Profisport wäre es kein schönes Ende, meine Karriere auf diese Weise und auf meinem jetzigen Leistungsstand beenden zu müssen.» Auch er will die Saison als Privatfahrer antreten, konnte sich aber einem kleinen Team anschliessen, das ihm an den Weltcups zumindest Support bietet. Der 35-Jährige ist selbstbewusst und will im Weltcup wieder regelmässig unter die besten 15 kommen, im Short Track sogar wieder aufs Podest fahren. Auch die Weltmeisterschaften hat Litscher weiter im Blick: Er peilt dort eine Medaille an, nachdem er im Jahr 2022 im Short Track bereits eine WM-Medaille gewann. Um sich trotz erschwerter Bedingungen perfekt vorzubereiten und diese Arbeit auch bei den ersten Weltcups umsetzen zu können, muss Litscher tief in die Tasche greifen. Deshalb hat er auf «I Believe in You» eine Finanzierungskampagne gestartet.
«Ich setze alles daran, meine sportliche Laufbahn fortzusetzen», sagt Ramona Forchini. «Mein erster Wettkampf wird am 23. Februar in Spanien, in Banyoles, sein. Momentan tut sich vieles, und Ende Februar darf ich dann endlich grosse Neuigkeiten verkünden!» Das Material für die Saison hat sie beisammen, doch auch die 30-Jährige ist auf finanzielle Unterstützung angewiesen, um ihre sportlichen Ambitionen in dieser Saison verfolgen zu können. Forchini freut sich deshalb auf Neuzugänge in ihrem Gönnerclub, dessen Mitgliederbeiträge ihr bei der finanziellen Überbrückung helfen.
Lesenswerte NZZ-Reportage
Die Neue Zürcher Zeitung hat sich diesem Thema angenommen und das Debakel rund um das geplante Team detailliert aufbereitet. Den lesenswerten Artikel gibt es auf nzz.ch.