Neue Studie zeigt Umwelt-Wirkungen des MTB-Sports
Volker Audorff forscht in einem für Mountainbiker sehr interessanten Forschungsgebiet: Sportökologie. Und tatsächlich sind die Wirkungen des Bikesports auf die Natur eines der Themen an denen er arbeitet. 2021 demonstrierte er in einem Beitrag des Bayerischen Rundfunks, wie er arbeitet.
Was die Wissenschaft über die Schädlichkeit, pardon, die Auswirkungen des Bikesports auf die Natur, herausgefunden hat, war Thema in der Ride Nr. 84. Inzwischen haben Volker Audorffs und weitere Forscherinnen und Forscher einen wissenschaftlichen Artikel veröffentlicht, der einen noch breiteren Überblick zu dieser Frage bietet: Ecological impacts of (electrically assisted) mountain biking. 156 Studien haben die Autorinnen und Autoren gescreent, 35 blieben übrig, die die Kriterien erfüllten. Kommt hier die Antwort auf die Frage, die viele Bikerinnen und Biker interessiert – sind wir nun ein Problem für die Natur oder nicht?
Die Umwelteinwirkungen lassen sich in drei Kategorien gliedern: Boden, Vegetation und Tiere. Mountainbiker verdichten den Boden, das stellen diverse Studien fest. Dies erschwert das Versickern des Regenwassers und trägt so zur Erosion bei. Besonders in steilem Gelände fördern die Mountainbiekrinnen die Erosion, also das Abtragen des Bodens stärker. Und informelle Trails graben sich schneller in den Boden ein und verlieren an Erde, als fachmännisch gebaute. E-MTBs unterstützen zudem beim steilen Bergauffahren den Bodenabtrag.
Interessant wäre, wie problematisch das für die Natur ist. Einerseits, wie gross der Beitrag des Bikesports an die gesamte Bodenerosion ist. Und anderseits, wie stark das ökologische Gleichgewicht darunter leidet, wenn an ein paar Stellen Erde von Bikereifen weggetragen wird. Auf beide Fragen geben die Forschungsergebnisse keine Antwort.
Gesamtwirkung unerforscht
Die Vegetation leidet vor allem, wenn ein Weg neu gebaut wird. Das trifft auf offiziell geschaffene ebenso zu wie auf Inoffizielle. Klar, wenn sich eine braune Spur durch eine Wiese oder grünen Waldboden zieht, haben Pflanzen weichen müssen. Unterschiedliche Resultate gibt es zur Frage, wie stark die Pflanzenwelt am Wegrand von Bikern in Mitleidenschaft gezogen wird und ob Trails durch die Nutzung immer breiter werden. Hinzu kommt, dass Reifen Samen verfrachten, was den Pflanzenmix am Ort ihrer Ablagerung verändern kann. Das tun auch Schuhsohlen, wobei Bikes grössere Distanzen zurücklegen und somit Samen weiter verteilen.
Auch hier bleibt die Frage nach der Gesamtwirkung auf das Ökosystem unbeantwortet. Unbeantwortet bleibt, Wie stark ein Wald oder ein Stück Berglandschaft beeinträchtigt wird, wenn auf ein paar Wegen Pflanzen weichen mussten, bleibt unbeantwortet. Logisch ist: Verursacher des Pflanzenschwunds ist der Bikesport nur da, wo exklusive Bikestrecken gebaut wurden.
Noch vielfältiger ist das Bild bei den Auswirkungen auf Wildtiere. Von Mountainbikern befahrene Wege meiden folgende Tierarten: Gämse, Rotluchs, Kojote, Reh, Auerhuhn, Dickhornschaf, Rothirsch, Maultierhirsch und Elch. Keine Verhaltensänderung erkennen Studien bei Rotluchs, Kojote, Graufuchs, Berglöwe, Maultierhirsch, Waschbär, Streifenstinktier, Hasen, Schildkröte, Wildschwein, Rotes Eichhörnchen.
Zu Rotluchsen, Kojoten, Elchen und Maultierhirschen gibt es Studien, die zeigen, dass sie Mountainbikerinnen zeitlich ausweichen, also dann aktiv sind, wenn keine Biker unterwegs sind. Eine andere Forschungsarbeit stellte bei Elchen keine Veränderung ihres Tagesablaufs fest.
Was ändert sich mit den E-Mountainbikes?
Spezifische Studien zu E-Mountainbikern oder Vergleiche zwischen motorisierten und unmotorisierten Bikerinnen gibt es kaum. Klar ist, dass E-Mountainbiker grössere Strecken zurücklegen, zumindest theoretisch abgelegenere (und damit weniger vorbelastete Gebiete) erreichen. So beeinflussen sie eine grössere Fläche, mehr Boden, mehr Pflanzen und mehr Tiere.
Die 35 Studien, die Audorff und seine Kolleginnen zusammengeführt haben, sagen wenig bis nichts darüber aus, wie sich der Bikesport auf das Ökosystem einer Region auswirken. Die meisten Studien konzentrieren sich auf einzelne Faktoren, die sich beobachten lassen. Schon das ist kompliziert genug. Etwa wenn es darum geht, das Verhalten von Wildtieren festzuhalten und in vergleichbare Kategorien einzuteilen. Im Papier heisst es dazu: «Aktuelle Debatten unter Beteiligten basieren oft auf einzelnen, beobachtbaren Effekten, während dieser Übersichtsartikel einen Mangel festgestellt hat an Wissen darüber, wie sich einzelne Auswirkungen des (E-)Mountainbiking auf Boden, Vegetation oder Wildtiere von der individuellen Ebene extrapolieren lassen auf ganze Arten, Populationen oder Ökosysteme.» (Übersetzung Stefan Michel)
Anders gesagt, die Auswirkung eines einzelnen Mountainbikers auf Boden, Pflanzen oder Tiere lässt sich feststellen. Es ist aber unklar, was diese für das grosse Ganze, für einen Wald oder ein Gebiet bedeutet. Die Natur reagiert auf uns, wie stark sie unter uns leidet, ist wissenschaftlich nicht geklärt. Hier mahnt die Überblicksstudie weitere Forschung und einheitliche Messregeln an.
In der Ausgabe 84 hat Autor Stefan Michel Forschenden diese Frage gestellt. Auch sie haben sie nicht abschliessend beantwortet. Aber etwas näher als diese Studie sind sie der Antwort gekommen.