An der Fräse für den Flow scheiden sich die Geister | Ride MTB

An der Fräse für den Flow scheiden sich die Geister

Trail-Fräse Moritz bei der Arbeit

Seit fünf Jahren experimentiert der österreichische Trail-Bauer Daniel Tulla mit schwerem Gerät, das ihm die Arbeit erleichtern soll. Mit Hilfe des bayrischen Forstmaschinen-Herstellers Pfanzelt hat er nun die «Pistenraupe für Trails» entwickelt - was ihm auch Kritik einbringt.

«Da könnt's gleich asphaltieren im Wald!», «Wird das ein Weg für Einkaufwagen?», «Baut Trails und keine Autobahnen!» Das sind noch die netteren Kommentare, die Daniel Tulla auf dem Social Media-Account seiner Firma Mountainbike Movement erhält, wenn er Videos von Moritz postet. Moritz ist eine 1,5 Tonnen schwere Raupe an der eine 650 Kilogramm Fräse mit Diamantmessern montiert ist. Derart bestückt frisst sich Moritz selbst durch hartes Gestein und schafft so 1,20 Meter breite Trails, auf denen alles gleichmäßig plan ist. Das missfällt so manchem Singletrail-Puristen, wie man auf Tullas Online-Account nachlesen kann. 

Den Trailbauer lassen derlei Negativ-Kommentare aber relativ kalt: «Seit ich das poste, merke ich, dass ich auch immer mehr Anfragen von Interessenten erhalte.» Denn in der Trailbau-Praxis bedeute Moritz einen echten Quantensprung, ist Tulla überzeugt. Bis zu 700 Meter Flowtrail oder blaue Lines schafft Moritz an nur einem Tag. Bei einem kerzengeraden Weg ohne Kurven sind sogar bis zu 1,5 Kilometer möglich. Mit der Raupe arbeiten Tulla und sein Team vier Mal schneller als bisher, erklärt er. Zudem spart der Einsatz der Fräse den aufwendigen Transport von zusätzlichem Material für die Deckschicht am Trail. Die Diamantmesser arbeiten den Untergrund auf und zerkleinern ihn derart, dass kein Erdmaterial mehr per LKW oder gar Hubschrauber angekarrt werden muss. Man verwendet, was vor Ort ist.

Raupe Moritz als zweiter Versuch 

Seit März diesen Jahres ist Moritz im Einsatz. Tulla hat die Raupe vom bayrischen Forstmaschinen-Hersteller Pfanzelt gekauft und für seine Bedürfnisse als Trailbauer adaptieren lassen. Fast 170.000 Euro Investition sind für eine Firma wie Mountainbike Movement eine Menge Geld. Tulla wagte das finanzielle Risiko dennoch. Er experimentiert seit fünf Jahren mit einer ähnlichen Maschine, die er in Italien bauen ließ. Dieser Prototyp eines Steinbrechers funktionierte aber nur mäßig, wie er sagt, weil das Trägergerät zu schwach war. Mit Moritz, bei dem die Raupe über eine Kardanwelle mit der Fräse verbunden ist, sei das nun anders und die bisherigen Praxis-Tests hätten ihn überzeugt. Steine bis 50 mal 50 cm fräst das Gerät problemlos und arbeitet sie wieder in den Boden ein, auch Granit wurde bereits erfolgreich zerkleinert. Bis zu 15 cm tief reichen die Diamantmesser in den Untergrund und lassen dabei im Wortsinn keinen Stein auf dem anderen.

Die Idee zu der Trail-Fräse kam Tulla, als er vor einigen Jahren im Bikepark Serfaus-Fiss-Ladis wieder einmal Bremswellen beseitigen sollte: «Ich wünschte mir eine Art Pistengerät für Trails, mit dem man die Bremswellen einfach wegfräsen kann. So wie man das im Winter auf Skipisten macht.» Der mit einem 75 PS starken Dieselmotor bestückte Moritz kann genau das. Er zerkleinert den Untergrund und trägt dieses Material wieder neu auf den Trail auf. Damit entsteht genau die homogene Deckschicht, die für Flowtrails und blaue Lines laut Normen vorgeschrieben ist. Die eingebaute Seilwinde ermöglicht auch den Einsatz im extrem steilen Gelände.

Trail-Bau für die breite Masse

«Wir setzen die Fräse aber nicht auf Downhill-Strecken oder Natur-Trails ein», stellt Tulla klar. Die Kritik an seinem Arbeitsgerät kann er daher nicht immer nachvollziehen. Schließlich baue er nur das, wofür er beauftragt werde. Und das Gros der Bikeparks und Trailcenter setze nun einmal auf grüne und blaue Lines, um damit die Masse an Bikern zu erreichen. Sofern maschinelles Bauen erlaubt ist, sei Moritz das ideale Arbeitsgerät dafür. «Ich baue nicht, was mir selbst gefällt, sondern was mir aufgetragen wird», betont Tulla, der selbst Downhill- und Enduro-Rennerfahrung hat. Aber für Flowtrails oder Jumplines, biete sich die Fräse an. 

Grundsätzlich gelte für den Einsatz von Moritz: Was per Hand gebaut wurde, soll auch per Hand gewartet werden. Aber wo ein Minibagger zum Einsatz kam, kann auch die Trailfräse problemlos Wartungsarbeiten erledigen, um Zeit und Ressourcen zu sparen. In den vergangenen Jahren habe Mountainbike Movement zu 70 Prozent blaue Trails gebaut, weil das von den Kunden so gewünscht wurde. Seit Moritz Dienst tut, wurde er zum Trailbau auf der Baumgartner Höhe im Kärntner Lake Bike Revier eingesetzt, auf der Strada del Sole und auf der Morning Glory im Tiroler Bikepark Serfaus-Fiss-Ladis sowie auf den Burgenland Trails. «Im Grunde läuft die Maschine seit März pausenlos», sagt Tulla, für den sich das unternehmerische Risiko bereits gelohnt habe. Denn auch international stößt Moritz auf Interesse und so wird ihn Mountainbike Movement zusammen mit Hersteller Pfanzelt im Juni beim Downhill Bike Park Summit in Vermont (USA) vorstellen.

Neben den Diamantmessern zum Zerkleinern von Gestein hat Moritz auch einen eigenen Forstmulcher-Aufsatz. Damit können Dornen, Gestrüpp und ähnliches bearbeitet werden. Im Trailbau wird das in erster Linie dazu genutzt, um die Bereiche seitlich der Strecken sicherer zu gestalten und Sturzräume zu schaffen. In der Forstwirtschaft werden damit zum Beispiel die Spuren, die ein Harvester hinterlässt, beseitigt. Neben dem Trailbau sieht Tulla für Moritz auch viel Potential bei der Errichtung von Wanderwegen, die Kinderwagen- oder Rollstuhl-tauglich sein sollen. Noch stehe er mit seiner «Pistenraupe für Trails» ganz am Anfang, doch Tulla ist überzeugt, damit künftig im Trailbau ein neues Kapitel aufzuschlagen.

Weitere Informationen dazu:

 

Daniel Tulla hat die «Pistenraupe für Trails» für seine Bedürfnisse als Strecken-Bauer adaptieren lassen