Aus den Bergen Lesothos an die Pumptrack-WM
Je nachdem von welcher Seite man die Geschichte der 18-jährigen Khotalang Leuta betrachtet, ist sie ein Wunder oder eine logische Abfolge von Ereignissen.
Khotalang hatte mit sieben auf den Velos fahren gelernt, die sie sich borgen konnte. «Niemand zeigte mir, wie man fährt. Ich konnte es einfach», erzählt sie dem Filmteam, welches für Red Bull TV den Film «The fastest girl in the village» drehte. Am meisten Spass machten ihr BMX Bikes. Dass ausgerechnet in ihrer Heimat ein Pumptrack gebaut wurde und zu diesem ein Dutzend Leih-Bikes gehören, mutet tatsächlich wie ein Wunder an. Es ist der erste Track von Claudio Caluoris Projekt #pumpforpeace.
Am Anfang fuhren nur Jungen auf der Wellenbahn, die Mädchen standen am Streckenrand und schauten zu. Auf Khotalang wirkten die Steilkurven, Rollers und Tables einschüchternd und viel zu schwierig. Zur Angst gesellte sich eine kulturell bedingte Zurückhaltung davor, etwas zu tun, das die Gemeinde als typische Beschäftigung für Jungs ansah. Doch die lokalen Mitarbeitenden des Projekts ermunterten die Mädchen, es auch zu versuchen. Khotalang, damals ungefähr zwölf Jahre alt, traute sich als Erste.
Schon nach wenigen Runden merkte sie, dass sie mit dem Track zurechtkam und verbrachte immer mehr Zeit auf der Bahn. «Jedes Jahr war sie schneller, wenn wir wieder herkamen», wird Maryke Zietsman zitiert, Communications Manager für die Pumptrack-Weltmeisterschaften. Dies ist der logische Teil ihrer Geschichte: Da sie nun die Möglichkeit hatte, ihr Potenzial zu nutzen, wurde sie zuerst zum schnellsten Mädchen im Dorf, dann im Land und das soll noch nicht alles sein.
Viel mehr als eine Sportanlage
Der Pumptrack in Roma ist freilich viel mehr als eine Sportanlage, auf der Einzelne ihr Talent ausleben können. Die Dorfgemeinde hat mit ihm ein gemeinsames Projekt, organisiert die Ausgabe der Bikes und hält die Piste sauber. Regelmässig finden lokale Rennen statt, welche die Menschen zusammenbringen. Das Gleiche gilt für zwei weitere Pumptracks, die in der Zwischenzeit in Lesotho gebaut worden sind. Daneben hilft der Pumptrack, Rollenbilder aufzubrechen. Khotalang Leuta hat in Roma schon einige Nachahmerinnen.
2019 versuchte Khotalang Leuta zum ersten Mal, sich für die WM zu qualifizieren und scheiterte knapp. Dies nahm sie zum Anlass, noch mehr zu trainieren und noch schneller zu werden. 2020 klappte es, doch die Finals in Leogang wurden wegen Covid-19 abgesagt. Die Veranstalter entschieden später, dass die Qualifizierten von 2020 zusammen mit jenen von 2021 in Lissabon um den Titel fahren werden. Khotalangs Konkurrenz wird also besonders gross sein. Sie lässt sich davon nicht beindrucken und sagt: «Ich will die schnellste Frau der Welt werden.»
Mindestens so aufregend ist für die junge Frau, dass sie zum ersten Mal den afrikanischen Kontinent verlassen und in einem Flugzeug reisen wird. Danach wird sie nach Roma zurückkehren und ihr anderes Ziel verfolgen: «Ich will Rad fahren bis ans Ende meines Lebens.» Den Weg von zuhause zum Pumptrack geht sie zu Fuss, denn sie besitzt auch als schnellste Fahrerin Lesothos kein eigenes Bike.
Film: The fastest girl in the village (Red Bull TV)
Projekt #pumpforpeace