Bye bye Harakiri
Es gibt aufregendere, schwierigere, spektakulärere Trails am Uetliberg. Doch der «Harakiri» hat alle Ingredienzen, die das Biken an Zürichs Hausberg ausmachen: Er nutzt das steile, treppenartig abfallende Gelände, Mulden und Grate und er hat den typisch lehmigen Boden, der bei Nässe für die meisten unbeherrschbar wird. Für viele – ok, behaupten wir ruhig, für eine ganze Generation – war der Harakiri der Einstieg ins technisch anspruchsvolle Trailbiken. Ein Rennen namens «Harakiri Massiv» um die Jahrtausendwende machte ihn bekannt; mit dem Material von damals, war er noch etwas anspruchsvoller zu fahren als heute.
Forstwirtschaft und Wildhut waren noch nie begeistert, von Mountainbikern abseits der Forststrassen. Ein drängendes Problem scheint der Harakiri aber erst in den letzten Jahren geworden zu sein, als die Zahl der Mountainbikenden stark anstieg. Die von der für den Wald zusändigen Dienststelle Grün Stadt Zürich bezüglich Mountainbiken kommunizierte Regel lautet: «Auf Waldstrassen ist Velofahren gestattet, auf Trampelpfaden und Wegen mit Treppen jedoch verboten.» Ob diese Regel rechtsgülitig ist, ist zumindest umstritten. Gegen die wachsende Popularität des Mountainbikens waren ohnehin alle Appelle und Verbote chancenlos. In den letzten Jahren entstand vom Harakiri abgehend ein halbes Dutzend alternativer Linien, teilweise kunstvoll und aufwändig ins Gelände gelegt, mit Sprüngen und Anliegern versehen. Aber natürlich noch illegaler als der Ursprung.
Mountainbike-Geschichte
Illegale Trails am Uetliberg und deren wachsende Beliebtheit sind seit Jahren ein konfliktträchtiges Thema. Im Coronasommer erreichten die Frequenzen Rekordhöhen. Ein Urgestein der Zürcher Bike-Szene brachte die Situation endgültig zum Kochen, indem er vor laufender SRF-Kamera den Harakiri und einige weitere inoffizielle Klassiker fuhr. Züritrails, der Verein, der sich seit Jahren für die Sache der Mountainbiker einsetzt und offizieller Verhandlungspartner der Stadt in Sachen Infrastruktur ist, arbeitete damals bereits an einer neuen offiziellen Bike-Strecke am Uetliberg. Die Exponenten des Vereins fühlten sich sabotiert, befürchteten Schaden für das Crowdfunding, das freilich nur einen Teil der Baukosten deckt. Anderseits wurde in der auf diversen Kanälen geführten Diskussion immer klarer, dass mit der Eröffnung des neuen «Höckler-Trails» der Harakiri unfahrbar gemacht werden würde.
Dies ist in diesen Tagen geschehen. Mehrere Einstiege wurden so gründlich mit Bäumen blockiert, dass es schwer vorstellbar ist, die Hindernisse zu umfahren oder mit Sprüngen und Stegen zu passieren. Man sollte die Hartnäckigkeit und Erfindungsgabe der Mountainbiker nicht unterschätzen, trotzdem scheint es klar und besiegelt: der Harakiri ist Geschichte.
Was er definitiv ist: ein integraler Teil der Zürcher Mountainbike-Geschichte. Leider passt er nicht mehr in die Realität, weil es in Zürich nicht mehr nur ein paar hundert Biker gibt, von deinen ein paar Dutzend Trails fahren. Es sind jetzt Tausende auf Stollenreifen unterwegs und Hunderte suchen das Singletrail-Erlebnis am Uetliberg. Dass das auf die Dauer nicht gut gehen konnte, war abzusehen.