In der Doppelrolle: Erfolgreiche Mountainbiker beim Radquer-Weltcup in Bern
Was für ein Geschenk! Während exakt 41 Minuten haben die Zuschauer in Bern Gelegenheit, der besten und vielseitigsten Radfahrerin zuzuschauen, die es auf der Welt je gegeben hat. Und diese Fahrerin, die 31-jährige Niederländerin Marianne Vos, lässt bei ihrem Auftritt keinen Zweifel daran, dass sie es nur auf eines abgesehen hatte: den Sieg. Von Beginn an fährt sie vorne weg, in der letzten von sechs Runden über 2.9 Kilometer lässt sie auch noch ihre Landsfrau Annemarie Worst stehen und im Ziel hat sie neun Sekunden Vorsprung.
Auf Platz drei fährt die Amerikanerin Katherine Campton. Ursprünglich hatte Vos den Weltcup primär zur Vorbereitung auf die Europameisterschaften Anfang November nutzen wollen. Es war nicht geplant, alle neun Rennen der bis Ende Januar dauernden Serie zu absolvieren. Denn bereits im März beginnt die neue Strassensaison, ihr gilt das Hauptaugenmerk. Auf der Strasse ist Vos Olympiasiegerin und mehrfache Weltmeisterin und hat nahezu alle grossen Rennen mindestens einmal gewonnen. Doch der Erfolg in Bern war nach dem Auftaktrennen Mitte September in Waterloo, USA, bereits ihr zweiter Weltcup-Sieg in dieser Saison, sie ist somit klare Gesamt-Leaderin. Und weil sie zwar auch im Radquer mehrfache Weltmeisterin ist, ihr der Gesamtweltcup in ihrem beeindruckenden Palmarès aber noch immer fehlt, sagt sie lachend: «Es sieht ganz danach aus, als müsste ich meine Saisonplanung noch einmal überdenken.»
Der dreifache Weltmeister auf Platz zwei
Van der Poel hat in der fünften von elf Runden einen kleinen technischen Zwischenfall bei Van Aert zum Angriff genutzt. Bis ins Ziel, das er nach 64:48 Minuten erreicht, vergrössert er den Vorsprung auf acht Sekunden. Besonders bemerkenswert am Erfolg des 24-jährigen Van der Poel: Noch am Samstag gewann er ein Superprestige-Rennen in Belgien.
Das nächste Weltcup-Rennen findet Mitte November in Tábor, Tschechien, statt. Dank seines dritten Platzes in Bern bleibt Aerts zumindest bis dahin Gesamt-Leader.
Beachtliche Schweizerinnen und Schweizer
Für die Nachwuchskategorien der Männer finden separate Rennen statt. Bei den U19 fährt Lars Sommer überraschend auf Platz neun (15 Sekunden hinter dem Belgier Witse Neeussen). Bei den U23-Männer schafft es Kevin Kuhn sogar auf Platz sechs (55 Sekunden hinter dem überragenden Belgier Eli Iserbyt). Bester Schweizer im Eliterennen ist Marcel Wildhaber – er erreicht das Ziel ebenfalls als 22.
Zufriedener OK-Präsident
Die Fahrerinnen und Fahrer sind voll des Lobes über die Organisation des Telenet UCI Radquer-Weltcups in Bern. So auch Marianne Vos: «Ich weiss, dass die Schweiz auf eine lange Tradition im Radquer zurückblickt. Aber ich weiss auch, dass die Schweiz in den letzten Jahren nicht mehr zu den dominierenden Nationen gehörte. Umso überraschter war ich, wie gut die Stimmung an der Strecke war. Es beeindruckte mich, wie begeistert das Publikum war.»
Auch der OK-Präsident Christian Rocha ist zufrieden mit der Berner Weltcup-Premiere. «Es war mehr als perfekt», sagte er. Erst letztes Jahr hatten er und sein Team im Freibad Weyermannshaus zum ersten Mal ein Radquerrennen durchgeführt. Dass man bereits im zweiten Jahr den Weltcup-Status zugesprochen erhielt, bedeutete zuletzt einige durchwachte Nächte. Aber das zweitägige Konzept ging auf, die Verknüpfung von Breitensportanlass und Spitzensportanlass hat sich gelohnt, das beweisen die vielen hundert Teilnehmerinnen und Teilnehmer am Samstag und die rund fünftausend Zuschauer am Sonntag.
Und jetzt?
Die im Freibad Weyermannshaus anwesenden Vertreter der Stadt Bern, darunter der Stadtpräsident Alec von Graffenried, haben laut Christian Rocha Interesse an einer Fortführung des Projekts «Weltcup in Bern» signalisiert. Rocha aber betont, dass es nächstes Jahr nur dann wieder eine Weltcup-Veranstaltung in Bern gebe, wenn er vom Internationalen Radverband UCI früher eine Zusage erhält – und nicht wie dieses Mal erst im Februar. «Das ist einfach zu spät. Zu diesem Zeitpunkt sind die meisten Sponsoringbudgets bereits erstellt. Wir brauchen mehr Vorlauf, um genügend Geld aufzutreiben.» Rocha rechnet für dieses Jahr mit einem Defizit von 20'000 bis 30'000 Franken. Ein solches finanzielles Risiko, sagt er, könne er nicht noch einmal eingehen.
Vollständige Ranglisten Telenet Cyclocross Worldcup Bern