Mehr einfache Trails und mehr Frauen – IMBA und Co. blicken nach vorn | Ride MTB

Mehr einfache Trails und mehr Frauen – IMBA und Co. blicken nach vorn

IMBA Meet & Ride Adaptive Mountianbiking Mountain Hand Biking

Vor kurzem hat in Thun die Fachtagung Meet & Ride stattgefunden, veranstaltet von der IMBA Schweiz,  Swiss Cycling und Bebike. Ride war einen Tag dabei und hat zugehört, womit Organisationen und Trailbauer zu kämpfen haben sowie welche Art von Trail in nächster Zeit besonders oft gebaut werden sollte.

Einschränkend ist zu sagen, dass der Autor nur am Samstag bei Meet & Ride dabei war, also die Hälfte des Programms verpasst hat. Da war beispielsweise Andreas Boldt von Pro Natura, wohlbekannt im Ride-Kosmos, der darlegte, dass die Koexistenz auf bestehenden Wegen der umweltfreundlichste Ansatz ist, weil Entflechtung, wenn durch zusätzliche Wege erreicht, mehr Flächenverbrauch und Lebensraum-Zerschneidung bedeutet.

Lehrreich wäre auch das Referat von Michael Roschi gewesen, Präsident von Schweizer Wanderwege (und Mountainbiker), der erklärte, wie Bau und Unterhalt von Wanderwegen und weiteren Fusswegen finanziert werden. Dies ist umso mehr ein gutes Beispiel, weil der Velowegartikel eine Kopie des Wanderwegartikels ist und es eigentlich naheliegend wäre, Mountainbike-Infrastruktur gleich zu finanzieren, wie jene für das Wandern und Zuflussgehen – zumal es sich ja an vielen Orten um die gleichen Wege handelt.

Obwohl die Kantone mit dem Bundesbeschluss den Auftrag haben, Freizeit-Velo-Infrastruktur zur Verfügung zu stellen – womit nicht zuletzt Mountainbikewege und Strecken gemeint sind – ist es keineswegs so, dass diese überall als öffentliche Aufgabe mit entsprechender Finanzierung verstanden werden. Andy Stalder, Präsident der IMBA Schweiz, betont gegenüber Ride: «Die Finanzierung von öffentlich zugänglicher (MTB-) Infrastruktur für den Bau und den Unterhalt, kann nicht alleine die Aufgabe privater Organisationen sein. Doch Achtung, wer zahlt befiehlt!»

Adaptive Mountainbiker und Einsteigerinnen im Fokus

Einen besonderen Auftritt haben an beiden Tagen Adaptive Mountainbiker, also  Radsportler*innen, die nicht gehen können oder sonst eine Einschränkung haben. Die IMBA Schweiz hat sich dieser Gruppe und ihren Bedürfnissen angenommen, die Stiftung Swiss Bikepark unterstützt sie schon länger. In einem eigens realisierten Film zeigen eine Frau und drei Männer, was sie brauchen, um Spass auf den Trails zu haben. Zwei von ihnen sind an beiden Tagen in Thun dabei und geben dort weitere Einblicke.

Ein grosses Thema sind «bedarfsgerechte Trails». Das wäre eigentlich selbstverständlich, doch scheinen sie nicht überall gegeben. Mehrere Anwesende äussern in Diskussionen die Erkenntnis, dass es mehr einfache Trails brauche, für Gelegenheitsbiker und Einsteigerinnen. Die Bedürfnisse der Adaptiven Mountainbiker gehören da auch hinein. Andy Stalder denkt das Konzept noch weiter: «Eine dem Bedarf entsprechende MTB-Infrastruktur entsteht nur durch Mitwirkung der verschiedenen Nutzergruppen. Der Bedarf umfasst dabei nicht nur die Bedürfnisse der Mountainbikerinnen, sondern auch jene anderer Erholungssuchender, der Grundeigentümerinnen und der Natur.»

Der Goldiwheel Trail in der Nähe des Veranstaltungsorts zeigt, wie das geht, aber auch, wie aufwändig es sein kann, wenn die Bedürfnisse von Einsteigern und Expertinnen auf einer Strecke gebündelt werden. Die Hauptlinie in der Mitte ist immer rollbar und von relativ tiefem Schwierigkeitsgrad – wobei auch dieser passagenweise Anfängern zu anspruchsvoll sein dürfte – links und rechts gibt es Absprünge und weitere Elemente für die Versierten.

Andy Stalder hält dieses Konzept für eine entscheidende Innovation, indem nicht der weniger routinierte Biker einen Umweg fahren muss, um nicht springen oder ähnliche Stunts hinlegen zu müssen, sondern die Könnerin für ihre Airtime auf die Seite ausweicht. Wichtig auch, dass eine Strecke nicht mit einem Hindernis beginnt, das einige gleich mal zum Absteigen zwingt und signalisiert: «Bist du sicher, dass du das kannst?»

 

Sind Frauen die besseren Botschafterinnen?

Ein letzter Punkt fällt am Samstag auf: Obwohl inzwischen viele Frauen Mountainbike fahren und sich auch auf verschiedenen Ebenen in Branche und Community einbringen, sind es nach Ansicht der mehrheitlich männlichen Diskussionsteilnehmer noch zu wenige. Stalder selber weist darauf hin, dass es dem Image des Bikesports zuträglich wäre, wenn mehr Frauen darin aktiv wären. Tenor: Eine Gruppe von Mountainbikerinnen wirkt auf andere Wegnutzende sympathischer als ein Trupp männlicher Trailrider. Wie eng das mit der Fahrweise und dem Auftreten zusammenhängt, erörtern die Anwesenden nicht. Es ist aber keine gewagte These, dass Frauen grundsätzlich als weniger bedrohlich und aggressiv wahrgenommen werden als Männer.

Auf die Frage von Ride, ob der Ruf nach mehr einfachen Trails und dem nach mehr Frauen im Sattel ein Zusammenhang bestehe, antwortet Andy Stalder: «Mehr Frauen im Bikesport wird eine Folge einfacherer Trails sein und hilft dem Biken für eine breitere Akzeptanz in der Gesellschaft.»

Wie man eine Frauen-Bike-Community aufbaut, zeigt Babs Hunziker. Aus einem Mechanik-Kurs vor neun Jahren für Frauen werden Ausfahrten, kleine Events, Fahrtechnikkurse für immer bessere Fahrerinnen und Trainings für immer jüngere Mädchen. Bei den Kleinsten dürfen sogar Buben mitfahren. Die entscheidende Ingredienz für diese Entwicklung sei, dass es für jedes Niveau legale Trails gebe oder in der gleichen Zeit entstanden seien, wie auch die Community gewachsen ist. Ja, Babs ist die Gattin von Ramon Hunziker und damit mit der Flying Metal Crew verschwägert, die am Thunersee eine Strecke nach der anderen baut. Das schwächt das Argument aber nicht. Es gilt eben nicht nur «No Community, no Trails», sondern auch «No Trails, no Community».