Bikebox-Gründer Acki wehrt sich: «Ich habe nichts Unrechtes getan»
Bikebox ist aktuell das prominenteste Gesicht der Krise der Schweizer Fahrrad-Branche. Gründer Andreas «Acki» Ackermann steht in der Kritik – obwohl er das Unternehmen durch eine Umstrukturierung gerettet hat. Die überschuldeten alten Firmen hinter den sechs Filialen sind in Konkurs, davor hat eine neue Muttergesellschaft die Standorte übernommen und führt die Geschäfte weiter. Manche reiben sich die Augen, wie so etwas möglich ist, die Lieferanten sind offensichtlich froh, dass mit der Bikebox ein halbes Dutzend Verkaufsstellen erhalten bleiben, die ihre Produkte weiterverkaufen.
Die Berner Zeitung hat die Geschichte gross aufgemacht. Ride beobachtet die Vorgänge seit Monaten und hat ebenfalls berichtet. Tatsächlich macht es stutzig, wenn die vier Firmen hinter den sechs Filialen innert weniger Tage ihren Geschäftssitz nach Zug verlegen, ihren Namen ändern und sogleich in Konkurs gehen. Klar ist aber auch: Schulden machen und ein Unternehmen in Konkurs gehen lassen, ist weder verboten noch unüblich. Acki wehrt sich unter anderem auf Linkedin gegen den Vorwurf der Konkursreiterei (die ohnehin etwas anderes bedeutet). Hier beantwortet der Unternehmer einige, wenn auch nicht alle Fragen, die sich Ride und wohl auch einige Leser stellen. Die Antworten lässt er schriftlich von einer Agentur für Reputations- und Krisenmanagement übermitteln. Ride war aber mehrmals direkt mit ihm in Kontakt.
Welche Funktion hast du bei Bikebox, beziehungsweise der neuen Mutterfirma Bikefox?
In der BikeBox Gruppe war ich Geschäftsführer und Aktionär, bei der BikeFox AG bin ich momentan Geschäftsführer.
Du und deine Geschäftspartnerinnen haben die Bikebox-Gruppe saniert, indem ihr die alten Firmen liquidiert und die neue Bikefox AG gegründet habt, die die Geschäfte weiterführt. Wie war die Situation vor dieser Restrukturierung?
Wir haben während acht Monaten versucht zu sanieren und insbesondere Lösungen für das Überlager und die sich anbahnende Überschuldung zu finden. Erst zum Schluss haben wir in Absprache mit den relevanten Gläubigern Konkurs angemeldet. Ein Neuanfang zeigte sich sinnvoller. Vor der Restrukturierung war jede Filiale eine eigene Gesellschaft. Dies ist der Vergangenheit geschuldet. Damals kauften wir unabhängige Fahrradgeschäfte und benannten diese um. Eine der Sanierungsmassnahmen sah die Fusion aller Gesellschaften vor. Doch dies machte aufgrund der Überschuldung keinen Sinn mehr. Die BikeFox AG ist nun eine Firma mit verschiedenen Profitcentern.
Die ganze Branche ist in der Krise. Warum macht ihr weiter?
Wir verzeichnen einen achtstelligen Basisumsatz und viele tausend zufriedene Kunden. Wir sind zu 100 Prozent von der Zweirad-Mobilität und dem Potential dieser Branche überzeugt. Unsere Leidenschaft gilt dem Fahrrad und dem Bikesport, generell dem Vergnügen auf zwei Rädern, wenngleich ich selbst auch immer gerne die Trails in den Bergen unter die Schuhsohlen nehme.
Wozu die Sitzverlegung in den Kanton Zug, die neuen Firmennamen nur Tage bevor sie in Konkurs gehen?
Die Muttergesellschaft der BikeBox AG hat ihren Standort bereits länger in Zug. Unsere Absicht war es, alle Gesellschaften in einem Kanton zu bündeln, Abläufe zu vereinfachen und effizienter zu gestalten. Die Firmierungen haben wir geändert, weil wir uns fit für die Zukunft machen und keine Altlasten mitschleppen wollten. Vermutlich wird diese Umbenennung heute zu recht kritisiert, aber ich darf mit gutem Gewissen sagen, dass keine Absicht dahinter lag, etwas zu verschleiern. Ich habe zu keinem Zeitpunkt gegen Recht verstossen.
Kannst du nachvollziehen, dass manche stutzig werden und sich fragen, ob auf diese Art Schulden abgestossen werden?
Nein, eigentlich nicht, denn wir haben zu keinem Zeitpunkt Schulden abgestossen oder dergleichen, sondern haben alles unternommen, die Sanierung vorwärtszubringen.
Du hast gesagt, ihr hättet mit allen Lieferanten eine Lösung gefunden. Haben sie euch Schulden erlassen?
In einem Konkursverfahren werden keine Schulden erlassen, doch wir haben mit unseren Lieferanten gemeinsam Lösungen gefunden.
Lösungen für welches Problem?
Für die weitere Zusammenarbeit.
Wie habt ihr sie dazu gebracht, euch weiterhin zu vertrauen und zu beliefern?
Unsere Industrie basiert auf zwei entscheidenden Werten. Einerseits überzeugen Business und Grösse, der andere Wert ist das Vertrauen. Das verstehen nicht alle. Wir sind überzeugt, dass wir auf beiden Schienen gut unterwegs sind. Zudem glauben wir aus tiefem Herzen an den Markt und haben Pläne für die Zukunft. Zur Zeit benötigen wir noch rund drei bis fünf Monate, um uns komplett neu zu organisieren. Wir sind bereit, hart dafür zu arbeiten.
Gibt es etwas im Bericht der Berner Zeitung, das du richtigstellen möchtest, oder zu dem du sonst etwas sagen willst?
Leider ist für mich bis heute schleierhaft, was die drei Journalisten eigentlich für eine Absicht hatten oder was nun den Wert des Artikels ausmacht. Ich wurde von vielen Kunden und Geschäftspartnern angesprochen, wo ich ein mögliches Problem verorten könne. Kann ich nicht. Was mich aber ärgert ist die feine, aber klare Unterstellung, ich hätte Konkursreiterei betrieben. Das stimmt nachweisbar nicht und das weise ich vollumfänglich zurück.
Wie die Journalisten aus dem TX-Verlag für ihre Recherchen vorgegangen sind, ist zudem aus meiner Sicht höchst diskutabel. Wenn Journalisten mein persönliches Umfeld und Freundeskreis mit undurchsichtiger Absicht locken, finde ich das persönlich nicht stilvoll. Ich habe mir mehr Tiefgang und Substanz erhofft. Hier punkten nicht zum ersten Mal die Fachzeitschriften, da sie den Markt profund kennen, wie beispielsweise das Ride.
Was kann die neue Bikefox, was die alte Bikebox nicht konnte?
Neu besteht die Bikefox aus sieben Profitcentern und einem Onlinestore mit integriertem Outlet und Langzeitmieten. Und nicht aus sieben losen Unternehmen mit je einer Filiale und einem heterogenen Auftritt gegen aussen.
Wie erklärst du dir, dass nicht alle dich und deine Unternehmen toll finden?
Als ich bei Thömu Binggeli vor Jahren im Oberried gelernt habe, wie man in dieser Branche ein Business aufbaut, habe ich nie den Neid und die Missgunst verstanden, die erfolgreichen Unternehmern entgegenschlagen. Heute weiss ich, dass man sich Neid hart erarbeiten muss.
Mehrere ehemalige Mitarbeiter scheinen sich über dich zu ärgern und stecken den Medienschaffenden Details, die dich und die Bikebox in ein schlechtes Licht rücken. Warum?
Früher hat man sich ausgesprochen und danach ein Bier getrunken oder den anderen immer noch für einen Tubbel [für nicht Schweizerdeutsch Sprechende: Trottel, Idiot] gehalten. Heute wendet man sich sehr schnell den Medien zu oder lässt seinem Frust über die sozialen Kanäle freien Lauf. Das ist schade. Manchmal wünschte ich mir die Einfachheit des Pausenplatzes zurück. Wenn dir etwas nicht passte, hast du es sofort geregelt. Aber das braucht Grösse und Mut. Und ja, nicht alle Mitarbeiter können die Pace mitgehen oder haben die Veranlagung, die es für ein erfolgreiches Unternehmen braucht. Das muss dann kommuniziert werden. Dass hier dem einen oder anderen ein Spiegel vorgehalten, dessen Abbild nicht gerne gesehen wird, ist nachvollziehbar. Ein wenig mehr Courage und Stil, gewürzt mit Fairness, das wäre schön.
Willst du zu den Vorwürfen deiner ehemaligen Mitarbeitenden Stellung nehmen?
Nein. Aber besten Dank.
Zur Recherche von Ride
Sechs Personen haben Ride von ihren Erfahrungen als ehemalige Angestellte in einer von Ackermanns Firmen berichtet und ihn als Unternehmer und Vorgesetzten scharf kritisiert. Es steht Aussage gegen Aussage.
Recht hat Ackermann mit dem Argument, dass kein Lieferant offen Kritik an ihm oder dem Unternehmen Bikebox übt. Ride hat das Gespräch mit mehreren gesucht. Diese melden entweder, dass es mit der Bikebox nicht schlechter gelaufen sei, als mit anderen Firmen, oder dass man zu solchen Geschäftsvorgängen aus Prinzip nichts sage. Nur ein ehemaliger Mitarbeiter eines Lieferanten erklärt anonym – dem Redaktor ist sein Name und das Unternehmen bekannt – dass sein damaliger Arbeitgeber wegen der Bikebox einen siebenstelligen Betrag habe abschreiben müssen. Auch hier fehlt der Beweis.