Ein Jahr nach Halswirbelbruch: Pierron dominiert Weltcup in Italien
Das Regenwetter macht die ohnehin schon schwierige Weltcup-Strecke in Val di Sole, die «Black Snake», besonders anspruchsvoll. Nach und nach trocknen die schmierigen Passagen ab, was der gefürchteten Abfahrt aber nur bedingt die Schwierigkeit nimmt. Sie wird heimtückischer und das provoziert bei vielen Athleten Fahrfehler.
Praktisch fehlerfrei bezwingt Tahnee Seagrave die von Wurzeln durchsäte Abfahrt. Die Britin sagte vor dem Rennen, dass sie zum Gewinnen an den Start gehe. Sie setzt sich mit knapp einer Sekunde Vorsprung auf Monika Hrastnik (SLO) an die Spitze und muss nun die verbleibenden Spitzenfahrerinnen abwarten. Erst schrammt Anna Newkirk (USA) deutlich an Seagraves 4:31.471 Minuten. Danach sorgt aber Marine Cabirou für bange Minuten auf dem Hot Seat, den die Französin um nur drei Zehntelsekunden verpasst. Auch Topfavoritin Vali Höll (AUT) kommt nicht an die Zeit von Seagrave und lässt bei einem Sturz weitere Sekunden liegen. Als letzte Fahrerin hat Myriam Nicole (FRA) die Chance, den Sieg an sich zu reissen, landet aber auf Platz vier.
Zum grossen Showdown zwischen der Führenden und der Semifinal-Gewinnerin Jess Blewitt kommt es nicht. Die Neuseeländerin verletzt sich im letzten Training an der Hand und kann nicht zum Finale antreten. Seagrave gewinnt in Val di Sole zum ersten Mal seit dem Jahr 2019 ein Weltcup-Rennen, ihr drittes auf dieser legendären Strecke. «Es ist unglaublich. Gestern war ich derart ausserhalb der nötigen Pace, dass ich heute nicht mehr an einen Sieg dachte.» Die 29-Jährige siegt vor Marine Cabirou und Monika Hrastnik.
Pierron verhindert Nortons erster Sieg
Pünktlich auf das Rennen der Männer ziehen wieder dunkle Wolken auf es beginnt im oberen Streckenteil wieder zu regnen. Scheinbar hat dies aber kaum Auswirkungen auf die Verhältnisse. Nach elf von 32 Finalfahrern ist es Danny Hart, der eine erste ernstzunehmende Zeit auf der Black Snake hinlegt. Die 3:51.449 Minuten des Briten werden erst von Dylan Maples (USA) unterboten, dann von Maples Landsmann Dakotah Norton, und das überdeutlich. Norton führt das Rennen mit über sechs Sekunden an.
Mit den Starts der Topfavoriten werden nun auch die Zeitabstände enger. An die Zeit von Norton kommt dennoch keiner richtig ran, auch der Weltcup-Führende Loic Bruni nicht. Erst der zweitletzte Starter, Finn Iles liegt bei den ersten drei Zwischenzeiten vorne. Der Kanadier büsst dann plötzlich Zeit ein und bleibt ebenfalls über den 3:43.897 Minuten von Norton. Dieser steht nun kurz vor seinem ersten Weltcup-Sieg, als Amaury Pierron ins Rennen startet. Der Franzose legt ein unglaubliches Tempo vor und liegt bei der ersten Zwischenzeit über eine Sekunde vorne. Fehler sind kaum dabei, und so baut Pierron weiter aus. Im Ziel ist der 28-Jährige fasst fünf Sekunden schneller als Norton, der seinen Siegesjubel abermals vertagen muss.
Pierron feiert damit sein Comeback auf höchster Stufe, nachdem er vor einem Jahr beim Training zum Weltcup in Lenzerheide einen Halswirbelbruch erlitt. «Einfach Wahnsinn wieder ganz oben zu stehen, ein Jahr nach meinem Unfall. Ich hatte während dieser Zeit ganz schön Zweifel, ob ich das jemals wieder schaffen werde. Nun hat es geklappt», jubelt Pierron.