Gränichen hat jetzt offizielle Trails – die hoffentlich noch ausgebaut werden | Ride MTB

Gränichen hat jetzt offizielle Trails – die hoffentlich noch ausgebaut werden

Für Flow ist gesorgt. Es gibt in Gränichen aber auch Ruppigeres.

Gränichen ist in MTB-Kreisen bekannt für sein Rennen und seinen Trainings-Stützpunkt. Trailbiken war dort aber bis vor kurzem verboten. Jetzt gibt es offizielle Trails, die die Biker allerdings noch zu einem attraktiven Netz ausbauen müssen.

Der Kanton Aargau ist ein besonderes Stück Schweiz. In Gränichen findet sei über 30 Jahren ein Mountainbike-Rennen statt. Danach müssen die Veranstalter die Strecke zurückbauen. Singletrails zu fahren ist nicht erlaubt. Immerhin ermöglicht ein Bike-Lehrpfad, dass ein Teil der Rennstrecke das ganze Jahr über offen bleibt. In Gränichen gibt es zudem einen regionalen Trainings-Stützpunkt von Swiss Cycling und den ebenfalls sehr aktiven Racing Club, der mit Kindern Ausfahrten unternimmt. J+S und Pro Senectute Bike-Leiter erhalten dort Ausbildung.

Der Mann hinter alldem heisst Beat Stirnemann. Seine Kinder Kathrin und Matthias wurden beide zu Weltklasse-Bikern, auch Florian Vogel, Esterh Süess und Joel Roth trainierten früh bei ihm. Er war Nachwuchs- und  Elite-Nationaltrainer. In einem Sport, den man im Kanton Aargau kaum ausüben legal kann. Stirnemann engagiert sich bis heute für den Nachwuchs: «Ich fahre mit Kindern und Jugendlichen Trainingsrunden und könnte jedesmal eine Busse kassieren», beschreibt er seine Situation.

Es war freilich wie an vielen Orten: Gebikt wird trotzdem und mit jedem unbefahrbar gemachten Weg entsteht mindestens ein neuer. 2018 eskalierte die Situation und Stirnemann begann mit den betroffenen Gemeinden, Jagdgesellschaften, Waldbesitzern, Naturschutzvereinen, dem Kanton und weiteren Betroffenen nach einer Lösung zu suchen.

Blau steht für bewilligte Bike-Trails, aber bei weitem nicht alle sind Singletrails.

Eröffnet, aber noch nicht fertig gebaut

Sechs Jahre später, im Juni 2024, feiern die Verantwortlichen die Eröffnung des Trailnetzes im unteren Wynen- und Suhrental. Eine zusammenhängende Strecke ist bis zu dem Zeitpunkt realisiert, ein Facebook Reel zeigt, wie sie sich fährt. Auf der Karte sind mehr als zwanzig weitere blaue Linien zu sehen, die für bewilligte Bike-Trails stehen. Stirnemann wendet ein, das seien bei Weitem nicht nur Trails: «Da ist von echten Singletrails bis lastwagentauglichen Waldstrassen alles drin.» Beim Kanton heisst es, zwei Drittel der eingezeichneten Trails würden bereits benutzt, seien jetzt legal und könnten somit weiter befahren werden. 

Vergleicht man die blauen Linien mit der Swisstopo-Karte, zeigt sich, dass wohl die Hälfte keine naturnahen Singletrails sind. Was im Umkehrschluss bedeutet, dass die andere Hälfte tatsächlich Spass machen dürfte. Augenfällig ist zudem, dass es viele kurze Abschnitte gibt, aber wenig Zusammenhängendes. Stirnemann hofft, die eine oder andere Verbindung schaffen zu können, sodass es möglich wird, flüssige Trail-Runden zu fahren. 

Marcel Murri, Abteilungsleiter Walderhaltung des Kantons Aargau, betont, der Kanton habe sich stark engagiert, eine Lösung in den sechs betroffenen Gemeinden zu finden. «Insgesamt ein Personen-Jahr Arbeitszeit haben wir investiert, um zwischen den Gemeinden und den weiteren Playern zu vermitteln und die Bewilligungsverfahren zu begleiten.» Das Motto sei Partnerschaft und gleiche Augenhöhe gewesen. Das Netz, wie es sich jetzt präsentiert, ist das Resultat von sechs Jahren Verhandlungen zwischen den diversen Beteiligten.

Bau und Unterhalt ist Sache der Biker

Die Trails zu bauen und unterhalten ist Aufgabe der beteiligten Mountainbiker, im Wesentlichen also der Job Beat Stirnemanns und seiner wenigen Mitstreiter. «Hätte ich die Leute, könnten wir schon morgen mehr eröffnen.» Er betont, dass es keine grossen Arbeiten brauche, nur etwas Shape-Arbeit.» Als Nächstes nimmt sich das Bau-Grüppchen die Anfahrt vom Rütihof zum seit Langem gefahrenen «Böhler-Trail» vor. «Da sich die Biker nun auf weniger Wegen konzentrieren, wird die Abnutzung steigen. Da müssen wir schon etwas tun, damit der Trail das aushält.» Erlaubt ist nur Handarbeit. Kies oder anderes ortsfremdes Material dürfen nicht verwendet werden. Musik in den Ohren von Freunden naturnaher Trails.

Die Gemeinden beteiligen sich nicht am Bau. Aktiv sind sie dafür in der Stilllegung der illegalen Trails. «Lenkung funktioniert aber nur, wenn das Verbotene zuerst durch etwas Attraktives ersetzt wird», erinnert Beat Stirnemann an einen Zusammenhang, der Grundlage vieler Lenkungsprojekte in der Schweiz und anderswo ist.

So bleibt ihm, mit einer Gruppe Freiwilliger die wie Papierschlangen über die Landkarte gestreuten Wegstücke zu einem Netz zu verbinden, in dem man die Waldstrassen hauptsächlich für das Hochpedalen braucht und das abwärts mehrheitlich aus Singletrails besteht. Bevor sie eine Schaufel in die Erde drücken, müssen sie sich zudem mit dem örtlichen Förster darauf einigen, was genau gebaut wird. «Die Förster vertreten die Waldbesitzer», erklärt Marcel Murri dazu.

Wo die Arbeiten etwas kosten, muss Beat Stirnemann die Mittel dafür selber auftreiben. Bisher kam der Racing Club dafür auf. Von den Gemeinden gibt es dafür nichts. Hält man sich vor Augen, was Stirnemann in den letzten drei Jahrzehnten alles auf die Beine gestellt hat, braucht man sich nicht zu sorgen, dass dieses Projekt daran scheitern könnte. Es geht höchstens etwas langsamer vorwärts.


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