Nach 13 Jahren droht den offiziellen Trails bei Hannover das Aus | Ride MTB

Nach 13 Jahren droht den offiziellen Trails bei Hannover das Aus

Deisterfreunde Hannover Mountainbike Trails

Am Hügel Deister unweit von Hannover betreibt der Verein Deisterfreunde seit 2012 offizielle Bike-Strecken. Nun will die zuständige Behörde die Ende 2025 auslaufende Bewilligung nicht verlängern – aus Gründen, die  die Mountainbiker nicht nachvollziehen können. Was ist da los?

Die Deisterfreunde sind ein klassischer Verein der Mountainbike Community. Sie kümmern sich um ihre Strecken, bieten Kinder-Trainings an, veranstalten lokale Rennen. Dass sich die Mitglieder positiv einbringen und Verantwortung demonstrieren wollen, ist unübersehbar. So führen sie auch regelmässig Clean-Up-Aktionen und Waldspaziergänge mit einem Forstwart oder Umweltexperten durch. Sie nehmen Geflüchtete mit auf die Trails, haben ein Projekt, um Para-Mountainbiking möglich zu machen. 

Die Trails, die die Deisterfreunde seit 2012 angelegt haben, sind alle zwei Jahre von neuem bewilligt worden. Es war auch kein Problem, dass sie eine Strecke nicht genau gleich wiederherstellten, nachdem diese wiederholt von umgestürzten und gefällten Bäumen zerstört worden waren. Der Vereinsvorsitzende Mark Wolf erklärt Ride: «Es war von Anfang an vorgesehen, dass wir die Trails auch weiterentwickeln dürfen.» Er betont, dass die Betriebsbewilligung mit allen Ausbauten mehrfach verlängert worden sei. 

Plötzlich sind Trail-Ausbauten ein Problem

Doch jetzt sieht das Umweltdezernat der Region Hannover in den Ausbauten einen Eingriff in die Natur, für den die Deisterfreunde Kompensation leisten müssten und der so nicht mehr bewilligt werden könne. Der Sprecher der Behörde, Philipp Westphal erklärt: «Es geht nicht um leichte Anpassungen an der Streckenführung sondern um zum Teil gravierende Veränderungen. Es sind rund doppelt so viele Hindernisse entstanden wie vereinbart. Für den Bau und die Unterhaltung dieser Hindernisse wurden zusätzlich massive Abgrabungen im Wald vorgenommen, die nicht abgesprochen wurden.» Diese seien erst 2023 festgestellt worden. Dass davor die Bewilligung immer wieder erteilt wurde, ändere nichts daran, dass die Ausbauten illegal seien.

Mark Wolf reagiert gereizt auf solche Aussagen. Es sei eine Lüge, dass sie ihre Umbauten nicht gemeldet hätten und dass die Behörde keine Kenntnis über Modifikationen gehabt hätte, was offizielle Dokumente schon 2015 dokumentiert haben. Was sich geändert habe, sei dass ein neuer Zuständiger im Umweltdezernat das Sagen habe. «Die Mountainbiker sollen jetzt als Schuldige am Nasenring durch die Manege geführt werden.» Wolf weist auch auf die gute Zusammenarbeit mit dem Revier-Förster hin. 

Diese ist im YouTube-Magazin STRG_F – hinter dem ARD und ZDF stehen – verewigt. Ein Team hat den Deister 2022 besucht – interessanterweise auf Einladung des Försters eines anderen Reviers. Er komme nicht an die Biker heran, vielleicht könnten die  Journalisten «die Betroffenen zur Rede stellen», liest der Reporter vom Brief ab. Das tut er dann auch, und dabei arbeitet der Bericht klar heraus, welchen Unterschied es macht, ob es in einem Waldstück legale Strecken gibt oder nicht. 

Trailforks zeigt Dutzende von Trails am Deister, keiner davon ist auf legalem Weg entstanden. Einzige Ausnahme: Das Forst-Revier, in dem die Deisterfreunde aktiv sind. Dort gibt es die drei 2012 bewilligten Trails und sonst nichts. Der zuständige Förster lobt die Zusammenarbeit in den höchsten Tönen und rät seinen Kollegen: «Die müssen in sich zu gehen und abwägen, was sie wollen.»

 

Die Landesforste Niedersachsen verlangen 15’000 Euro von den Deisterfreunden

Der Bericht von STRG_F ist 2022 erschienen. 2023 hat die Umweltbehörde herausgefunden, dass die legalen Strecken, die zusammen mit der Arbeit des zuständigen Vereins, ein ganzes Forstrevier frei von illegalem Streckenbau halten, ein Problem für den Wald sind. Unter andrem störten sie das Habitat einer Wildkatze. Dazu meint Mark Wolf: «Die hat sich in den letzten Jahren, als unsere Trails längst da waren, dort niedergelassen, weil sie die Strecken offenbar eine gute Heimat findet. Mit dem ganzen Betrieb. Und jetzt müssen unsere Trails weg! Zehn Meter daneben fahren die Todfeinde der Wildkatze – die Autos – unbehelligt auf der Bundesstraße weiter. Das zeigt die Sachlichkeit der Argumentation gegen uns.»

Hauptproblem sind für die Region Hannover aber die bereits angesprochenen Ausbauten. Für diese die Landesforste von den Deisterfreunden eine Kompensation; entweder in der Form von Naturschutzmassnahmen im Wald oder durch die Zahlung von 15’000 Euro. Die Regionalverwaltung Hannover stellt sich hinter diese Forderung – auch weil sonst ein Gutachter erst einen Betrag berechnen müsste, was weitere Kosten verursachen würde.

Auf die Deisterfreunde kommen zudem die Kosten für den Rückbau der Strecken zu, deren Bewilligung am 31. Januar ausläuft. Beides zusammen ergibt eine enorme Summe für den Verein, der sich auf die Arbeit diverser Ehrenamtlicher stützt.

Die Deisterfreunde weisen die Forderungen entschieden zurück. Sie akzeptieren nicht, dass sie für etwas Kompensation leisten sollen, das bisher als legaler Teil ihrer Aktivitäten bewilligt worden ist. Zudem hält Wolf fest: «Im Gebiet unserer Trails sind fünf illegale Strecken verschwunden. Warum wird das nicht als Kompensationsmassnahme eingerechnet?»

Auch das sieht das Umweltdezernat anders: Die drei bewilligten Trails seien ein Pilotversuch und nur dank umfangreichen Befreiungen von den Verboten der Landschaftsschutzgebietsverordnung genehmigt worden. Anders gesagt: Für die Umweltbehörde war die Aufhebung der illegalen Trails eine Voraussetzung dafür, dass die legalen überhaupt entstehen durften und nicht umgekehrt, wie das die Deisterfreunde sehen.

Dass die Deisterfreunde seit 12 Jahren nur auf der Basis einer Ausnahmebewilligung arbeiten, ist diesen bewusst. «Dieses Damoklesschwert hätten wir schon lange gern beseitigt und eine definitive Genehmigung für unsere Strecken», hält Wolf fest. Jetzt passiert das Gegenteil und sie haben ab dem 1. Januar 2026 gar nichts mehr.

Doch das ist nicht das Ende der Geschichte. Die Region Hannover will weiterhin ein legales Trail-Angebot am Deister. Wer dieses realisieren soll und was die Deisterfreunde damit zu tun haben, lest ihr in Teil 2. 

 


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