Test: Arc8 Extra – das leichtfüssige Trail-Geschoss
Der Designer Serafin Pazdera und der Entwickler Jonas Müller sind alte Klassenkameraden. 2019 haben sie ihren Traum einer eigenen Fahrradmarke wahr gemacht. Bis dato haben sie drei Mountainbikes und zwei Rennradmodelle im Angebot. Weitere werden im Verlauf des Jahrs folgen. Aktuell bieten sie keine Kompletträder an, sondern Rahmen-Kits als Basis mit optionalen Zusatzpaketen.
Arc8 hat sich auf die Produktion von Karbonrahmen spezialisiert. Jonas hat sich als Entwicklungsleiter in einer Karbonfabrik über viele Jahre wertvolles Wissen angeeignet. Er war schon für Santa Cruz, DT Swiss und BMC tätig.
Das Extra ist ein klassisches Enduro mit 160 Millimetern am Heck und ist auf Federgabeln mit 160 bis 170 Millimeter Hub konstruiert. Bei der Entwicklung des Rahmens hat man sich auf das Wesentliche fokussiert und nicht Systemrelevantes weggelassen. So wurde ein Produkt geschaffen, das preislich beinahe unschlagbar günstig ist. 1990 Franken für einen hochwertigen Karbonrahmen einer Schweizer Firma ist eine Ansage. Das ist möglich, weil die Unternehmer sich auf den Direktverkauf fokussieren und auf kostenintensive Marketingmassnahmen verzichten.
Jonas Müller, Arc8-Entwickler und der Kopf hinter Beta bicycle.engineering nennt folgende Eigenheiten des Bikes:
• Bei der Geometrie des Extra sind wir nicht dem Trend «länger, flacher, tiefer» gefolgt, wir sind direkt dorthin gegangen, wo die Konkurrenz in zwei bis drei Jahren sein wird.
• Konzentration auf das Wesentliche bei der Entwicklung des Rahmens. Er enthält keine unnötigen Features, dadurch ist er sehr leicht (2.3 Kilo) und lässt sich günstiger produzieren.
• Wichtig war uns ein cleanes Design, insbesondere bei der Verlegung der Leitungen, die durch den Steuersatz führen.
Ausstattung
Da Arc8 hauptsächlich Rahmensets anbietet, wird auf die Ausstattung nicht gross eingegangen. Entscheidende Faktoren für das Fahrverhalten des Test-Bikes sind die Federgabel Fox 36 Performance Elite und das Federbein am Heck, ein Fox Float DPX2 Performance Elite. Das Rad war mit den Arc8-eigenen W30-Karbonfelgen in Kombination mit 350er-Naben von DT Swiss ausgestattet.
Verarbeitung & Details
Ein eigenständiges Rahmendesign zu realisieren, ist heutzutage schwierig. Auf den ersten Blick wirkt das Extra wie viele andere Produkte auch. Doch schaut man genauer hin, kommen spannende Details zutage. Es hat keine Kabel-Ports, welche die Leitungen in das Rahmeninnere führen, und keine Halterungen aussen. Sie werden direkt durch den Steuersatz nach innen geführt und dort mit geräuschdämpfenden Schaumstoffschläuchen geführt. Neben der aufgeräumten Optik hat das den Vorteil, dass die Herstellung des Karbonrahmens dadurch günstiger wird und schneller vonstatten geht. Die Kettenstreben sowie die Anlenkung des Federbeins sind nicht wie üblich aussen am Rahmen befestigt. Sie sind innerhalb montiert und machen die Konstruktion steifer. Die Drehpunkte verfügen über spezielle Unterlagsscheiben, die sich spreizen und so die Achsen besser klemmen. Sämtliche Schrauben sind aus rostfreiem Edelstahl. Das Sitzrohr wurde bewusst kurz gehalten, damit längere Teleskopstützen verbaut werden können. Die Verarbeitung des Rahmens ist auf Topniveau.
Wichtig zu wissen ist, dass normale Laufräder für den Einsatz am Heck neu zentriert werden müssen.
Um eine grosse Reifenfreiheit zu ermöglichen, hat sich Arc8 entschieden, den Hinterbau um 4 Millimeter zu versetzen. Sie realisieren eine Kettenlinie des Super-Boost-Standards in Kombination mit einer regulären 148-Boost-Einbaubreite.
In der Ebene
13.5 Kilogramm sind für ein Enduro-Bike ein sehr guter Wert, der sich auf die effiziente Beschleunigung überträgt. Diese wird durch die gestreckte Sitzposition und das zentrale Hocken über dem Tretlager geför-dert. Der 64 Grad flache Lenkwinkel ist anfangs gewöhnungsbedürftig, aber er sorgt für einen angenehmen Geradeauslauf. Das Extra glänzt mit guter Beschleunigung und hohem Vortrieb.
Berg hoch
Geht’s hoch, geht’s ab! Lange oder steile Anstiege werden locker und mit stoischer Laufruhe gemeistert. Dazu trägt das geringe Gesamtgewicht massgeblich bei. Auf verblockten Trails folgt das Heck der Front, als gäbe es keine Hindernisse. Dieses Bike klettert «Extra»-Klasse.
Berg runter
Man ist gut beraten, sich für das Setup Zeit zu nehmen. Denn erst, wenn es akkurat eingestellt ist, entfaltet es sein volles Potenzial. Das Heck ist sensibel und steht schön im Federweg. Die Endprogression ist hoch und sorgt für die nötige Reserve, wenn man mal aus der «Bahn» gerät oder nach einem Sprung ins Flache knallt. Im Vergleich zu anderen Enduro-Boliden hat man nicht dieses «Satt am Untergrund liegen»-Gefühl. Doch genau das macht es: Der Bodenhalt ist bestens, es fährt sich aber wie ein leichtes Trailbike, im positiven Sinn gesehen. Sprünge gelingen mit diesem Arc8 mühelos, es lässt sich gut abdrücken und in die Luft bewegen. Gelandet wird sanft und mit Reserven am Fahrwerk. Auf Lenkimpulse reagiert es direkt und dank der 430 Millimeter kurzen Kettenstreben lässt es sich gut durch enge Kehren steuern. Der sehr lange Radstand trügt. Durch lange Kurven zieht das Bike mit einer gewissen Eleganz und stets lenkpräzise.
Fazit
Das Arc8 Extra ist ein zeitgemässes Enduro, das durch sein gutes Fahrverhalten und das leichte Gewicht punktet. Es macht bergauf genauso Spass wie runter. Besonders, weil es sich so leichtfüssig bewegen lässt.
Empfehlung
Der Einsatzbereich des Arc8 Extra ist gross, vom Bikepark bis zu höhenmeterintensiven Tagestouren. Somit passt dieses Enduro für eine Vielzahl von Leuten. Mit dem Kauf eines Arc8 unterstützt man eine kleine und feine Schweizer Marke und erhält für verhältnismässig wenig Geld sehr viel Bike.
Spezifikationen
Rahmenmaterial: | Karbon |
Preis: | CHF 5500.00 (Rahmenset ab CHF 1990.00) |
Gewicht: | 13.5 kg (Rahmengrösse M, mit Pedalen) |
Federweg: | 160 mm vorne / 160 mm hinten |
Federgabel: | Fox 36 Performance Elite |
Federbein: | Fox Float DPX2 Performance Elite |
Schaltung: | Shimano XTR 12-fach |
Bremsen: | Shimano XTR, 180 mm |
Kurbelgarnitur: | Shimano Deore XT |
Laufräder: | Arc8 W30, mit DT Swiss 350 Naben |
Reifen: | Onza Aquila FRC, 29 x 2.4 |
Sattel: | Sele San Marco Monza |
Sattelstütze: | Race Face Affect |
Vorbau: | Arc8, 50 mm |
Lenker: | Pro FR5, 800 mm, 20 mm Rise |
Hersteller/Vertrieb
Testbericht erschienen in Ausgabe 04/2020 von Ride Magazin.