Test: Norco Optic C2 – ein ganz besonderes Trailbike
Was genau ist eine High-Pivot-Konstruktion? Der Hauptdrehpunkt des Hinterbaus ist dabei über dem Kettenblatt positioniert. Das bewirkt, dass sich das Hinterrad beim Einfedern erst nach hinten, dann nach oben bewegt. So entsteht ein besseres Ansprech- und Überrollverhalten. Der Nachteil ist, dass dadurch ein Pedalrückschlag entsteht, weil das nach hinten ausweichende Laufrad an der Kette «zieht». Um das zu verhindern, ist auf dem Hauptdrehpunkt ein Zahnrad (Idler) platziert, das dem Kettenzug entgegenwirkt.
Ob dieses System an einem Bike mit nur 125 Millimeter Federweg Sinn macht, lässt sich nach ein paar Testfahrten nicht wirklich beantworten. Das Optic hat durchaus gute Fahreigenschaften, doch gibt es potentere Trailbikes, die ohne High Pivot auskommen.
Das Bike im Einsatz
Die «Ride Aligned»-Anleitung von Norco hilft, um schnell zu den passenden Fahrwerkseinstellungen zu gelangen. Die Vorgaben passen für das Heck perfekt, die Federgabel wurde etwas weicher eingestellt, um einen SAG von 20 Prozent zu erhalten. Durch die kompakte Bauweise sitzt man sehr aufrecht, fast schon enduromässig. Das hohe Gewicht hemmt den Vortrieb, auf Schotter oder Asphalt hilft der Griff zum Plattformhebel des Federbeins. Der stoppt das Wippen effizient. Abseits befestigter Wege ist eine offene Druckstufe für ein gutes Klettern die bessere Wahl. Das Optic kraxelt verblockte Trails trotz den 15.4 Kilogramm Gewicht erstaunlich effizient hoch. Selbst bei frisch geschmierter Kette macht der Idler Geräusche, wirklich störend sind die nicht. Da ist das Kabelrasseln in der Abfahrt nerviger.
In flachem Gelände zeigt sich das Norco durch den langen Radstand etwas träge. Doch wird es bei aktivem Lenkimpuls aus dem Schlaf gerissen und es zeigt sich von der verspielten Seite. Geht es bergab, bietet das Heck viel Grip und Traktion, ohne den ganzen Federweg freizugeben. Die Progression des Federbeins ist hoch und es braucht schon einen ordentlichen Einschlag, damit die letzten Millimeter aus dem Fahrwerk gekitzelt werden. Das Optic mag Tempo, aber keinen Highspeed am Limit, denn 125 Millimeter Federweg am Hinterbau können keine Wunder vollbringen. Bei hoher Schlagfrequenz kommt das Heck trotz High Pivot nicht mehr nach und überträgt die Schläge als Vibrationen an den Fahrer. Wo das Bike wirklich brilliert, ist auf engen, verblockten Singletrails, die eher langsam und mit Balance statt mit Tempo gemeistert werden. Stillstehen, das Rad umsetzen und weiter in der Falllinie, das macht mit diesem Norco Laune.
Fazit
Von den Vorteilen des High-Pivot-Systems ist wenig zu spüren. Es braucht eine aktive Fahrweise, um das Optic artgerecht zu fahren. Dann zeigt es sich verspielt und macht besonders auf steilen, verblockten und verwinkelten Trails Spass. Aber ihm fehlen die Spritzigkeit und die Leichtfüssigkeit, die andere Trailbikes gewähren.
Sacha Steiner