UCI verkleinert Weltcup-Podest auf drei Plätze – Ride-Redaktion streitet
Im Oktober 2024 hat der Weltradsportverband einige Änderungen im Reglement bekannt gegeben, die mit Jänner 2025 in Kraft getreten sind. Eine davon ist, dass es künftig nur mehr drei Plätze am Podium gibt, statt wie bisher fünf. Diese Änderung sei nach ausgiebiger Beratung und unter Miteinbeziehung sämtlicher Stakeholder sowie auch Vertretern des Fahrerlagers beschlossen worden, heißt es seitens der UCI. Doch unter den Weltcup-Athletinnen und -Athleten im Crosscountry und Downhill herrscht Unmut. Man fühlt sich von der UCI und Warner Brothers Discovery, die seit 2023 die Übertragungs- sowie Vermarktungsrechte innehaben, übergangen und nicht gehört. Diese Kritik haben 120 XC- und 61-Downhill-Profis nun in Form eines offenen Briefes artikuliert und fordern eine Rückkehr zum Fünfer-Podium.
Auch in der Ride-Redaktion sorgt das Thema für Kontroversen. Während Stefan Michel die Reglement-Änderung und damit das Dreier-Podium befürwortet, lehnt sie Steffen Kanduth ab. Im Folgenden erklären die beiden, warum sie so denken.
Stefan Michel ist PRO Dreier-Podium – weil der MTB-Weltcup keine geschützte Werkstatt sein muss
Das Fünfer-Podest ist eine schrullige Spezialität des Mountainbike Weltcups. Dazu passt seine Entstehung, die nun wieder breit kolportiert wird: Weil ein gewisser Cadel Evans, damals 17-jährig, das Podest am Weltcup-Rennen in Cairns knapp verpasste, erweiterten die Veranstalter dieses kurzerhand um zwei Plätze. Es war also eine Massnahme, um mehr Athleten einen Platz an der Sonne oder im Fokus der Medien zu bieten. Dadurch werden diese aber nicht besser, das Niveau des Sports nicht höher. Die Verbreiterung des Treppchens verteilt die Ehre der Besten lediglich auf mehr Köpfe.
Genauso wenig wie es ein Team stärker macht, wenn es die Selektionskriterien für eine internationale Meisterschaft herabsetzt, um mehr Athletinnen zu an den Start zu bringen. Spitzensport ist brutal, leistungsorientiert, die Verteilung der Prämien oft ungerecht. Der Sieger erhält nicht gerade alles, aber das grösste Stück des Kuchens. Und auf der ganzen Welt, in jeder Sportart werden die ersten drei geehrt, indem sie auf ein Podest gestellt werden. Auch Platz vier und fünf sind die Konsequenz einer riesigen Leistung. Aber es gehört zum Drama des Sports, dass jemand Vierter werden muss und damit den Platz im Scheinwerferlicht knapp verpasst hat.
Es sei denn, die Athletin oder der Athlet war im Mountainbike-Weltcup aktiv. Das Fünferpodest erinnerte mich auch an die Skischulrennen, in denen alle, ausser die schnellsten Drei als Vierte klassiert wurden. So sympathisch diese Rangierungsweise bei Kindern ist, professionelle Athleten sollten eine solche geschützte Werkstatt nicht nötig haben. Der Weltcup hätte auch, wie die Olympischen Spiele, den ersten acht ein Diplom ausgeben können. Wetten, dass ein solches noch unbedeutetnder wäre als all die olympischen Urkunden, die Sportler für ihre phantastische Leistung überreicht bekamen. Oder könnt ihr spontan eine Athletin nennen, die ein Olympisches Diplom gewonnen hat?
Wohlgemerkt: Ich finde es sympathisch, mehr Athletinnen zu ehren für ihre Leistung und ich gönne ihnen ihre Sponsorenprämie für den Podestplatz als Vierte oder Fünfte. Nur ernst nehmen konnte ich das nie. Es ist wie wenn der Stärkere einen Schwächeren gewinnen lässt. Oder wenn die UCI bestimmen würde: Bei uns ist auch der Zweite Sieger. Nun ist der alte Zopf abgeschnitten. Meist hat die UCI für jede aufgegebene Idee mindestens zwei neue. Vielleicht kommt als Nächstes das Siebener-Podium.
Steffen Kanduth ist CONTRA Abschaffung des Fünfer-Podestes – Denn der Platz am Podium kann Karrieren retten
Im Sommer 2022 startete die Karriere von Downhill-Profi Andreas Kolb endlich so richtig durch. Platz 5 beim Weltcup in Leogang, Platz 4 in Lenzerheide. Zwei Mal am Podium, das gab ihm den Auftrieb, den er nach einer jahrelangen Durststrecken ohne Weltcup-Podium brauchte, wie er heute sagt. Aktuell startet er als Nummer 3 in die Weltcup-Saison, gilt als Stammgast am Siegertreppchen und ist eine der heissesten Aktien im Weltcup-Zirkus. All das wäre womöglich ganz anders gekommen, wenn er nicht diese Podiumsplätze geschafft hätte. Plötzlich erhielt er mediale Aufmerksamkeit, die wiederum bei Sponsorendeals hilft, was letztlich das Auskommen eines Athleten sichert. Denn die Preisgelder allein sind im Mountainbike-Sport nicht dazu geeignet. Für einen Sieg im Downhill- oder XC-Weltcup erhält ein Sportler 2025 genau 3750 Euro, Platz zwei bringt 2100 Euro, Platz drei noch 1250 und ab dem vierten Platz wird es dreistellig mit nur mehr 800 Euro, für Platz fünf gibt es 600 Euro. Die Athleten sind also auf ihre Sponsoren angewiesen, die wiederum im Gegenzug Öffentlichkeit wollen. Dass nun ausgerechnet jene, die mit der Vermarktung ihrer Leistung gutes Geld verdienen, die Podiumsplätze reduzieren, zementiert diese Schieflage.
Neben dem schnöden Mammon ist es auch eine emotionale Frage. Fünf Fahrerinnen oder Fahrer am Podium bedeuten fünf Mal Freude, fünf Mal Emotionen und fünf Mal die Fans, die unten jubeln. Es mindert die Leistung der ersten drei am Treppchen kein bisschen, wenn noch zwei weitere dort stehen und sich freuen. Im Gegenteil, die überschwänglichen Partys, die nach einem spannenden Rennen am Podium gefeiert werden, sind liebgewonnener Teil dieses Sports und letztlich seiner Kultur. Nun zu sagen, man müsse sich anderen angleichen, die ebenfalls nur die ersten drei ehren, macht daher keinen Sinn. Mountainbiken war immer schon etwas anders und das Fünfer-Podium ist Ausdruck dessen. Für XC-Profi Mona Mitterwallner ist dieser Eingriff von Warner Brothers in die Seele des Sports der Grund, den Protest mitzutragen, wie sie erklärt.
Die vermeintliche Tradition des Dreier-Treppchens ist übrigens gar nicht so alt wie man meinen möchte und wird erstmals 1930 erwähnt. Wie das Fünfer-Podest seinen Platz im Mountainbike-Weltcup gefunden hat, hat Kollege Stefan bereits ausgeführt. Auch für Cadel Evans war der Podestplatz als Fünfter ein wichtiger Moment, auf den er aufbaute. Vier Jahre später gewann er den MTB-Gesamtweltcup und der Rest ist Geschichte.