«Wir brauchen eine Region, die mit einem Trailcenter vorprescht» | Ride MTB

«Wir brauchen eine Region, die mit einem Trailcenter vorprescht»

Alexander Arpaci

Trailcenter sind derzeit hoch im Kurs, und Länder wie Schottland und Tschechien haben sich hier bereits einen Namen gemacht. In Mitteleuropa herrscht jedoch noch gähnende Leere. Trailcenter-Experte Alexander Arpaci erklärt die Hintergründe und wo solche Trailcenter entstehen könnten.

Wir haben das Bild vor Augen: Ein voller Parkplatz, vor dem Café stehen Mountainbikes kruez und quer und im nahegelegenen Wald kurven die Gäste über die Trails. Von der Grossmutter bis zum Vorschul-Shredder sind alle hier. Und alle kommen sie auf ihre Kosten. So stellt sich unsereins ein Trailcenter vor. Dieses Bild ist keine visionäre Skizze, sondern längst gelebte Realität – ausser in Mitteleuropa, wo das Konzept bisher nur wenig Interesse gefunden hat. Dabei wären viele Mittelgebirge geradezu prädestiniert für solche Angebote.

Was versteht man unter einem Trail-Center?
Es gibt keine offizielle Definition, aber grundsätzlich handelt es sich um ein zentralisiertes, konzentriertes und vielseitiges Trail-Angebot ohne Bergauf-Transport. Die Trails sind üblicherweise kombiniert mit Serviceangeboten wie Cafés, Parkplätzen, Shops oder Bike-Vermietungen.

Wie gross ist ein solches?
Das hängt von der Zielsetzung ab. Um Wertschöpfung zu generieren, braucht man Abwechslung. Das bedeutet ein Trail-Netz von 20 bis 40 Kilometern Länge und eine relativ große Fläche.

Ist das nicht etwas langweilig?
Nein, denn die Trails sind so angelegt, dass sie unterschiedlich kombiniert werden können. Diese individuelle Zusammenstellung führt zu einem Gefühl der Freiheit, das beim Mountainbiken sehr wichtig ist.

Viele Trails auf kleiner Fläche, das tönt aber vor allem mal nach Konsum und nicht nach Freiheit.
Wenn man viel Nutzen auf engem Raum konsumiert, bedeutet das nicht, dass man kein Mountainbiker ist. Trailcenter bieten gerade bei beschränkter Zeit viel Fahrspaß. Man bekommt einen hohen Return on Investment, also viel Trail für den Aufstieg. Praktisch sind die Trailcenter aber auch für Menschen in verschiedenen Konstellation, zum Beispiel bei Familien. Hier können alle Bedürfnisse auf kleinem Raum abgefangen werden.

Wie verdient man mit einem solchen Trailcenter Geld?
Die Basis ist die indirekte Wertschöpfung in Hotellerie und Gastronomie. In England ist oft der Parkplatz kostenpflichtig, dessen Einnahmen das Trailcenter finanzieren. Es müssen jedoch Modelle entwickelt werden, die eine direkte Nutzungsgebühr beinhalten, da viele Biker bereit sind, für die Trail-Pflege finanziell beizutragen. Bei Trailcenter liegt diese Finanzierungsform auf der Hand.

Wieso gibt es in Mitteleuropa fast keine Trailcenter?
Die Regionen sind oft sehr bürokratisch. Es braucht Einzelinitiativen, ähnlich wie in Schottland und Tschechien. Außerdem muss sich das Bild des Mountainbikens ändern, das oft noch mit der Fullface-Fraktion im Bikepark assoziiert wird. Wenn sich diese Sicht mal öffnet, wird vieles möglich.

Welche Regionen wären denn prädestiniert?
Trailcenter sind überall dort möglich, wo es hügeliges Gelände gibt, das nicht zu steil ist, wie in den Mittelgebirgen Deutschlands oder den Voralpen in der Schweiz. Regionen wie der Schwarzwald, der Bayerische Wald oder der Spessart haben enormes Potenzial weil sie zusätzlich auch interessante Einzugsgebiet ausweisen.

Wo heute liegen die besten Trailcenter?
Die idealen Trail-Center müssen noch erfunden werden. Die Center in Schottland sind klassisch, in Tschechien gibt es abfahrtsorientiertere Angebote. Es gibt auch Trailcenter mit einem sehr niederschwelligen Angebot. Die Zukunft liegt in der Kombination dieser Elemente. Glentress in Schottland und Bentonville in den USA kommen dieser Vision am nächsten.

 

Zur Person:

Alexander Arpaci leitet die Mountainbike-Abteilung bei Schneestern, ist Initiator und Kopf hinter der MTB-Entwicklung im Wienerwald und Mitgründer des Trailcenters Hohe Wand Wiese. Er ist ein prominenter Befürworter für die Etablierung von Trailcentern in Mitteleuropa.
 


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