32 Zoll: Jetzt kommt die nächste Laufradgrösse! | Ride MTB

32 Zoll: Jetzt kommt die nächste Laufradgrösse!

Focus gaukelte einst zum 1. April der Bike-Szene vor, 36 Zoll sei die neue Laufradgrösse. Weit davon entfernt ist die aktuelle Entwicklung nicht, denn jüngst tauchte BMC mit einem 32-Zoll-Prototypen am Weltcup auf. Noch in dieser Weltcup-Saison dürften erste Bikes mit der «neuen» Laufradgrösse über die Cross-Country-Strecken rollen.

Es ist der 1. April 2016. Die deutsche Fahrradmarke Focus schockt die Mountainbike-Szene mit der Präsentation des «Big Bird», einem neuartigen Cross-Country-Bike mit 36-Zoll-Laufrädern. Und das, nachdem im Laufradgrössenkrieg erst gerade Frieden eingekehrt ist und selbst die 26-Zoll-Verfechter eingestanden haben, dass 29-Zoll gegenüber den kleinen Laufrädern sehr viele Vorteile bietet.

Doch wie jeder Scherz trug auch der von Focus einen Funken Wahrheit in sich. In den Jahren darauf tauchten immer wieder Studien mit übergrossen Laufrädern auf. Dass im Hintergrund auch bei grösseren Herstellern an der nächsten Laufradgrösse getüftelt wird, lag auf der Hand. Bloss: Wie gross, und wann?

Früher als erwartet

Die Katze aus dem Sack liess jüngst BMC. Die Schweizer Highend-Marke tauchte am Weltcup in Andorra mit einem 32-Zoll-Prototypen aus der seiner Entwicklungsabteilung, dem Impec Lab, auf. Steuermann des auffälligen «Riesenrads» war der französische Spitzenathlet und BMC-Team-Fahrer Titouan Carod, der während des Trainings fleissig Daten sammelte. Im Rennen durfte der 32-Zöller dann aber nicht antreten – noch nicht.

Man munkelte, dass 32-Zoll-Laufräder bereits im Jahr 2026 im Cross-Country-Weltcup ankommen werden. Das «bereits» dürfte sich nun allerdings noch in die laufende Saison 2025 vorschieben. Jan Ulatowski, PR-Manager bei BMC, rechnet damit, dass gewisse Marken bereits in Les Gets die ersten 32-Zoll-Prototypen an den Start rollen. Und BMC? «Wir sammeln aktuell möglichst viele Daten, und ich muss ehrlich sagen, dass wir derzeit vor mehr Fragen stehen, als wir Antworten haben», so Ulatowski. Das Projekt sei also weitaus herausfordernder, als man vielleicht denke. «Geometrie, Kinematik, Federweg, Reifenbreite und viele weitere Parameter können noch nicht abschliessend ermittelt werden.»

Ob BMC ihren Prototypen ebenfalls noch dieses Jahr ins Rennen schickt, sei zwar nicht geplant, lasse man sich aber offen. Wäre es nach Titouan Carod gegangen, hätte der 32-Zöller bereits in Andorra seine Rennfeuertaufe gehabt, verrät Ulatowski weiter. Carod sei von dem Bike sehr begeistert gewesen.

Laufrad- versus Körpergrössen

Beim letzten grossen Laufradgrössenwechsel hiess es, 29-Zoll sei nicht die Laufradgrösse für jedermann, sprich: nicht für jede Körpergrösse. Im Cross-Country-Rennsport kommt man allerdings gar nicht mehr um 29-Zoll herum, im Downhill-Weltcup werden hingegen zu einem grossen Teil Mullet-Setups eingesetzt – also Bikes mit einem 27.5-Zoll-Hinterrad und einem 29-Zoll-Vorderrad. Im Enduro-Rennsport sind gemischte Laufradgrössen eher bei kleinen Fahrern die Regel.

Doch wer kommt für 32-Zoll-Laufräder infrage? Titouan Carod ist nicht klein, aber mit 178 Zentimetern auch kein Riese. Dass die Laufradgrösse für Fahrer wie David Valero mit fast 1.90 Metern funktioniert, steht ausser Frage. Aber was ist mit einem Nino Schurter (173 Zentimeter) oder einer Loana Lecomte (163 Zentimeter)? Was man beim Wechsel auf 29 Zoll gelernt hat: Das Gefühl der Fahrer ist ab einem gewissen Punkt nicht mehr entscheidend, es zählen nur noch die Daten. Ist eine 160 Zentimeter grosse Rennfahrerin mit 32-Zoll-Laufrädern schneller als mit einem Twentyniner, so ist die Entscheidung eine leichte. Die ersten Vergleiche im Rennen zwischen Spitzenfahrern auf 29-Zoll- und 32-Zoll-Bikes werden somit Spannung erwartet.

«Es wird sich in den kommenden Jahren zeigen, ob 32 Zoll auf allen Strecken die richtige Wahl ist – oder beispielsweise auf verwinkelten Strecken einen Nachteil bedeutet, kleinere Fahrer vielleicht Mullet-Setups mit einem 29-Zoll-Hinterrad fahren. Dieses Thema ist auf jeden Fall sehr spannend und wird uns intensiv beschäftigen», sagt Jan Ulatowski abschliessend.

Unkenrufe in 3, 2, 1 …

Dass ein erneuter Laufradwechsel auch wieder sogenannte Laufradgrösserhasser und zumindest Kritiker auf den Plan ruft, ist so sicher wie das Amen in der Kirche. Doch dieses Mal dürften bedeutend weniger Unkenrufe gegen die «grossen Laufräder» ertönen. Seit sich 29-Zoll durchgesetzt hat, ist den meisten Mountainbikern bewusst, dass eine solche Veränderung nichts Schlimmes ist – im Gegenteil: Sie eröffnet neue Möglichkeiten. Ebenso verständlich ist, dass die Bike-Industrie wieder neue Verkaufsargumente benötigt – wie in praktisch allen Märkten. Wer Neues bringt, der wird verkaufen.

BMC 32-Zoll-Prototyp


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