Aargauer Biker kämpfen sechs Jahre für Mini-Trailcenter | Ride MTB

Aargauer Biker kämpfen sechs Jahre für Mini-Trailcenter

MTB Cup Hägglingen Trailprojekt VC Hägglingen

Hägglingen hat jetzt ein kleines Trailcenter: vier Trails mit einer Gesamtlänge von 1100 Metern. Es ist das Resultat eines Kompromisses, der kaum jemanden glücklich macht und vermutlich auch keine lenkende Wirkung entfalten wird. Das Mini-Trailcenter zeigt, wie wenig Platz der Aargau dem Bikesport zugesteht.

Die gute Nachricht: Die Aargauer Gemeinde Hägglingen hat jetzt vier Biketrails. Die kantonale Verwaltung verbreitet die frohe Kunde in einer Medienmitteilung, die Aargauer Zeitung berichtet über die Eröffnung. Die vier Singletrails haben eine Gesamtlänge von 1100 Metern und verteilen sich auf eine Fläche von rund 200 mal 400 Meter. Der längste der vier Bikewege misst knapp 500 Meter, der kürzeste etwa 80 Meter. Der Flow dauert auf diesem Minitrail keine 20 Sekunden.

Wesentlich länger, nämlich 6 Jahre, hat der Veloclub Hägglingen gekämpft, um für ein paar Singletrailabschnitte im Wald zwischen Hägglingen und Wohlen AG einen legalen Status zu erhalten. Das allein zeigt, wie wenig Spielraum die Mountainbikerinnen im Kanton Aargau haben.

 

MTB-Rennstrecke musste jedes Jahr neu bewillig werden

Trotzdem ist das ein Fortschritt, denn die Vergangenheit war noch komplizierter. Hägglingen ist ein Austragungsort das Aargauer MTB Cups, früher Argovia Cup genannt. Die Streckenabschnitte auf Singletrails im Wald mussten jedes Jahr von Neuem öffentlich ausgeschrieben werden, und jede Privatperson und Interessensverenigung konnte dagegen Einsprache erheben. «Dies erschwert die Organisation eines jährlich stattfindenden Anlasses unglaublich. Die Folge dieser Situation waren Planungs- und finanzielle Unsicherheiten für das Rennen», spricht Patrick Geissmann, Co-Präsident des VC Hägglingen, das Offensichtliche aus.

Es ging dem VC Hägglingen also primär darum, eine mehrjährige Bewilligung für die Streckenabschnitte im Wald für das jährliche Nachwuchs-Rennen zu erhalten. Der Kanton reagierte mit einer eigentlich sinnvollen Auflage: «Der Kanton Aargau verlangte vom VC Hägglingen im Gegenzug eine grossflächige Bearbeitung der 'Bike-Problematik'», beschreibt Geissmann in seinen schriftlichen Antworten an Ride. Gemeint war das Mountainbikefahren auf Singletrails. Wo genau dies effektiv illegal ist, wissen der Kanton und die Aargauer Gemeinden zwar selber nicht mehr so genau – Ride hat darüber berichtet. Wohl auch deshalb kommunizieren sie seit Jahren, alle Wege unter zwei Metern Breite dürften nicht befahren werden.

Der Veloclub arbeitete daraufhin ein Konzept eines attraktiven, lokalen Singletrailnetzes aus. Für dieses fand sich jedoch keine Mehrheit. Trotz vieler Gespräche und einem Runden Tisch, wie Geissmann mitteilt. «Die Fronten waren zu verhärtet und die verschiedenen Interessen von Jagd, Waldbesitzern und Anrainergemeinden zu gross. So konnten wir am Schluss nur die Rennstrecke in das Gesuch einbinden.»

 

Der Kompromiss, der fast niemanden zufriedenstellt

Der VC Hägglingen hätte also gerne mehr gehabt als die 1100 Meter Trail, verteilt auf vier Teilstücke. Fast schon tragikomisch mutet es an, dass auch die Jagd nicht zufrieden ist. Leider habe man es nicht geschafft, ihre Minimal-Anliegen zu berücksichtigen, lässt sich ein Vertreter in der Aargauer Zeitung zitieren. Anders gesagt: Die Minimallösung für die Mountainbiker verletzt die minimalen Anliegen der Jäger – ein Kompromiss, mit dem die Betroffenen nicht glücklich sind, aber mit dem sie leben müssen.

Der Kanton habe zudem an seiner Erwartung festgehalten, dass der lokale Veloclub und das Projekt das nicht erwünschte Fahren auf anderen Singletrails eindämme oder gleich zum Erliegen bringe, erzählt Geissmann. Darauf liessen sich die Vereinsvertreter nicht ein: «Wir haben seit Beginn der Diskussionen immer klar darauf hingewiesen, dass wir dies nicht können.» Geissmann glaubt zudem auch nicht an eine Lenkungswirkung der Trails: «Die nun offiziellen, aber kurzen Trails, sind erfahrungsgemäss zu wenig attraktiv und zu wenig grossflächig um die gewünschte Kanalisierung hinzukriegen.» 

In den umliegenden Gemeinden, unter anderem Wohlen AG, leben 40'000 Menschen, gemäss landesweitem Durchschnitt sind darunter 3000 bis 4000 Mountainbikerinnen. Das könnte eng werden, wenn diese alle ihre Feierabendrunden auf den vier Hägglinger Trails fahren. Der Kanton glaubt trotzdem daran, wie seine Mitteilung zeigt: «Einvernehmlicher und naturverträglicher Mountainbike-Betrieb dank sinnvoller Lenkung», heisst es da.

Immerhin zeigt sich die ehemalige Präsidentin des VC Hägglingen im Bericht der Aargauer Zeitung voller Freude und Dankbarkeit ob des Geschafften. Einen Vorteil betont auch der Vereinsvorstand gegenüber Ride: «Es ermöglicht uns, mit dem Bikenachwuchs in den Trainings in Dorfnähe legal auf Trail unterwegs zu sein.» Im Kanton Aargau ist das nicht selbstverständlich.

 


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