Dank Fördergeldern: Österreichs Fahrrad-Handel ist E-Bike-Europameister
Nirgendwo sonst in Europa, wurden anteilsmäßig mehr E-Bikes an den Handel verkauft, als bei den Nachbarn in Österreich. Dort lag ihr Marktanteil 2024 bei 57 Prozent, was eine Steigerung von 5 Prozent gegenüber dem Vorjahr bedeutet. Im Vergleich dazu, liegt dieser Anteil in Deutschland bei 53 Prozent, in der Schweiz nur bei 45 Prozent. Für die krisengebeutelte Fahrradbranche sind solche Zahlen eine Wohltat, wenngleich sie nicht darüber hinwegtäuschen können, dass die Absatzmenge von Fahrrädern insgesamt 2024 auch in Österreich um 6,1 Prozent zurückgegangen ist.
Bei den aktuellen Zahlen, die vom Verband der Sportartikelerzeuger und Sportfachhändler Österreichs (VSSÖ) am Freitag bekanntgegeben wurden, handelt es sich um so genannte Sell-In-Zahlen in den Handel, also was die Hersteller an die Händler verkauft haben. Rückschlüsse auf die tatsächlichen Verkaufszahlen der Händler an die Endkunden lassen sich daraus nur bedingt schließen.
Doch sie bestätigen den Trend, den die Daten zum Fahrradmarkt in Deutschland und der Schweiz bereits vorgezeichnet haben. Die Branche sitzt auch in Österreich auf vollen Lagern und steht dadurch vor großen Herausforderungen. Insgesamt wurden 2024 von den Herstellern 395’426 Fahrräder an den Fachhandel verkauft. Das entspricht dem eingangs genannten Rückgang von 6,1 Prozent im Vergleich zum Jahr 2023. Der Peak war hier 2022 erreicht, als 506’159 Räder an den Handel gingen. Seit 2023 sei der Markt dabei, sich wieder auf ein normales Niveau einzupendeln, heißt es seitens des VSSÖ. Wie lange diese Phase noch andauert, ist offen.
Staatliche Förderungen als Kaufanreiz
Dass im Bereich der E-Bikes dennoch steigende Zahlen verzeichnet wurden, liegt vor allem daran, dass in Österreich der Staat mit diversen Förderprogrammen Anreize zum Kauf von Pedelecs geschaffen hat, die gut angenommen wurden. Etwa die so genannten Dienstfahrradmodelle, die steuerliche Anreize bieten und so Kunden zum Kauf hochwertiger E-Bike-Modelle bewegen. Zudem gab es monetäre Zuckerl im Rahmen der E-Mobilitätsoffensive, die speziell im Bereich E-Lastenräder und E-Falträder für merkliche Absatzsteigerungen sorgten. 2024 wurden allein über dieses Programm 13’300 Elektrofahrräder gefördert.
Abseits der geförderten Sparten sorgten Nischen wie Gravel (+12,7 Prozent) und Rennrad (+20,8 Prozent) 2024 für Zuwächse, was den Absatz an den Sportfachhandel betrifft. Das zeugt vom anhaltenden Trend in beiden Disziplinen. Bei Gravelbikes wie auch Rennrädern waren etwas 30 Prozent der an den Handel verkauften Modelle ebenfalls mit einem E-Motor ausgerüstet. Somit ist auch hier das E-Bike am Vormarsch.
Österreich als Milliarden-Markt
Insgesamt berichten VSSÖ und ARGE Fahrrad von einem - trotz Krise - relativ stabilen Markt in Österreich. Mit Fahrradverkäufen im Sport- und Fachhandel wurden 2024 etwa 1,05 Milliarden Euro umgesetzt. Zum vierten Mal in Folge lag der Umsatz damit über der Milliarde-Grenze. Zwar ist im Vergleich zu 2023 ein doch deutlicher Umsatzrückgang von 11,1 Prozent zu beklagen. Doch man geht davon aus, dass sich der Umsatz in der Branche langfristig auf einem Wert von rund 1 Milliarde Euro einpendeln werde. Und auch hier ist das E-Bike zum unverzichtbaren Umsatztreiber geworden, denn 2024 machten die Pedelcs 77 Prozent des Gesamtumsatzes der Branche aus.
Betrachtet man die einzelnen Fahrrad-Kategorien genauer, so zeigt sich manche Überraschung. Bei den E-Bikes machen STVO-konforme Trekkingräder mit 85.500 Stück den größten Anteil aus. An zweiter Stelle folgen mit 54.606 Stück E-Fullys und auf Platz drei E-Hardtails mit 31.954 Stück. Bei nicht-elektrischen Fahrrädern liegen Kinder- und Jugendräder mit 58.506 Stück voran, gefolgt von MTB-Hardtails mit 47.398 Stück. Im Vergleich zum Jahr 2023 hat sich dieses Ranking nur geringfügig verändert.
Branche fordert Fortführung der Förderprogramme
ARGE Fahrrad-Sprecher Hans-Jürgen Schoder zeigt sich angesichts dieser Zahlen vorsichtig optimistisch: «Den Rückgang haben wir aufgrund der wirtschaftlich herausfordernden Rahmenbedingungen, die natürlich einen negativen Einfluss auf die Kauflust der Konsumentinnen und Konsumenten haben, prognostiziert. Aber er ist deutlich geringer als erwartet, gerade bei den E-Bikes haben wir zum Teil stark wachsende Segmente, das stimmt uns sehr zuversichtlich.»
Doch zugleich ist man sich bewusst, dass die staatlichen Förderprogramme, die 2024 ausgelaufen sind, einen maßgeblichen Anteil daran hatten, dass der Rückgang nicht so schlimm wie erwartet ausgefallen ist. Daher fordert VSSÖ-Geschäftsführer Michael Nendwich von der Politik eine Fortführung dieser Maßnahmen: «Eine starke Nachfrage und Wertschöpfung im heimischen Sport- und Fahrradfachhandel auf der einen Seite. Und ein seit Jahren starker Anstieg der nachhaltigen Elektromobilität bei Pendlerinnen und Pendlern, Transporten und vielen Wegen mehr mit dem E-Bike auf der anderen Seite. Das ist ein Tandem, das unbedingt weiter auf der Erfolgsspur bleiben muss.»