Blog: Das Trail-Paradoxon – in der Enge liegt die Freiheit
Makellos schlängelt sich der Trail durch das hügelige Relief des Bergs, die Schwierigkeit passt perfekt zum eigenen Können, wie im Traum legt man das Bike in die Kurve, springt ab, pusht durch eine Mulde. Alles ist perfekt. Doch dann, der Pfad ist genau gleich steil, und die nächste enge Kurve ist in Sichtweite, ist der Spass nur noch halb so gross. Der Grund: aus dem Singletrail ist ein Feldweg geworden. Kaum ist der Pfad breiter als der Lenker, wird es langweilig. Sinnlos noch auf den Pedalen zu stehen, man sitzt im Sattel und hofft, dass es bald wieder eng wird.
Darin liegt das Trail-Paradoxon. Die freiheitsliebenden Sportlerinnen und Sportler, die nach ihren eigenen Regeln leben wollen, fühlen sich erst ganz bei sich, wenn ihnen der Singletrail kaum Linienwahl lässt. Ist der Weg eine schmale braune Spur, dann macht er sogar Spass, wenn er nur geradeaus führt, zumindest ein paar hundert Meter lang. Kaum hat man Platz, ist die Freude kaum grösser als beim Rollen über den Asphalt. Es ist so aufregend wie gegen jemanden Tennis zu spielen, der den Ball nicht trifft. Oder als passionierter Koch ein Convenience-Gericht in die Mikrowelle zu schieben.
Eine Erklärung, warum Mountainbike fahren so viel mehr Spass macht, wenn es eng ist, liefert das psychologische Konzept des Flow-Erlebens. Dieses stellt sich ein, wenn die Anforderung dem eigenen Können entspricht. Wenn alles passt, gehen wir in unserer Aktivität auf, blenden alles andere aus. Das Flow-Erleben endet bei Überforderung ebenso wie bei Unterforderung. Auf unserem zur Schotterstrasse gewachsenen Singletrail lässt sich die Schwierigkeit vielleicht noch durch Steigern des Tempos erhöhen. Fahrtechnikkönige halten sich in der Situation gerne mit Manuals und ähnlichen Tricks bei Laune.
Unsereiner bleibt nur darauf zu warten, dass uns der Trail bald wieder in sein enges Korsett zwingt.