Kommentar: Über Volksabstimmungen kommen wir nicht zum Ziel
Nach ehrenvollem Kampf haben die Zuger Mountainbiker verloren. Ihr Referendum scheiterte an der Urne deutlich. Das ist ein Rückschlag, während in diversen Kantonen und Regionen Trail-Projekte zustandekommen, sich die Politik auf das Thema einlässt und Kompromisse möglich macht.
So Bike-skeptische Kantone wie Bern und Luzern bewegen sich auf die Mountainbiker zu, stellen Fachleute ein, fördern die Koexistenz auf Wegen. Dass sie das auch tun, weil das Bundesgesetz über die Velowege sie dazu verpflichtet, spielt keine Rolle. Entscheidend ist die Dynamik, die Mountainbikerinnen in vielen Regionen nutzen, um die Bedingungen zu verbessern, unter denen sie ihre Freizeit geniessen.
Diese Dynamik schreckt freilich auch jene auf, die lieber weniger Biker in ihrem Wald, ihrem Jagdrevier, in Schutzgebieten hätten. Mit diesen Gruppen einen Kompromiss auszuhandeln ist das harte Brot, an dem viele Bike-Organisationen jetzt kauen.
Politische Arbeit – nennen wir sie ruhig Lobbying – ist absolut sinnvoll, ja notwendig. Denn die anderen sind auf diesem Feld schon seit Jahrzehnten, wenn nicht Jahrhunderten aktiv. Parlaments- und Regierungsmitglieder, die die Anliegen der Mountainbiker kennen und die verschiedenen Bedürfnisse einordnen können, sind entscheidend, um liberale Regelungen für das Radfahren auf schmalen Wegen zu erwirken oder Platz für angelegte Trails zu erhalten.
Top-Ten-Sportart und Minderheit
Was hingegen nicht funktionieren wird, ist, den Zugang zu Singletrails an der Urne zu erstreiten. Dafür sind wir Mountainbikerinnen zu wenig. Die IG Mountainbike Zug hat 27 Prozent der Stimmenden hinter sich gebracht. Das ist mehr als zweieinhalb mal der Anteil der Mountainbiker an der Bevölkerung – ein schöner Erfolg eigentlich. Aber auch weit entfernt von einer Mehrheit.
Hinzu kommt: In einem Abstimmungeskampf sehen sich die Radsportfreunde professionellen Verbänden und Organisationen gegenüber, die schon Dutzende solcher Kämpfe geführt haben, auf eine grössere Kriegskasse zugreifen können und längst ein positives Image etabliert haben. Viele pflegen enge Beziehungen zu Parteien, was im Abstimmungskampf ein grosser Vorteil ist.
Eine Rolle spielen auch die Motive und Interessen, die Befürworter und Gegner einer Vorlage ins Feld führen. Im Direktduell kämpfen dann die Mountainbiker um ihr Freizeitvergnügen, während die Forst- und Landwirtschaft ihre Existenz in die Waagschale werfen. Jagd und Naturschutz können die Ökologiekeule schwingen. Dass der Bikesport nicht so schädlich ist, wie oft behauptet wird, ist demgegenüber ein schwaches Argument.
Fazit: Im Basisdemokratischen Endkampf einer Abstimmung haben wir Mountainbikerinnen schlechte Karten; aller positiven Entwicklungen der letzten Jahre zum Trotz. Wir sollten also wenn immer möglich vermeiden, Entscheidungen auf diesem Weg zu suchen. Die Erfolgschancen sind minimal. Wahrscheinlicher ist ein brutales Verdikt, eine hohe Prozentzahl, mit der das Anliegen der Biker bachab geschickt wird. Fast drei Viertel der Stimmenden wollten in Zug nichts von freierem Trail-Zugang wissen.
Anders könnte es allenfalls in kleinen Gemeinden aussehen, wo Mehrheitsbeschlüsse an Gemeindeversammlungen gefällt werden, wo sich alle kennen und ein gewisses Grundvertrauen herrscht. Doch auch dort dürfte es erfolgsversprechender sein, mit den verschiedenen Interessengruppen direkt einen Kompromiss zu suchen – einen Kompromiss, den es bei der simplen Frage «ja oder nein?» nicht gibt.